Mary Wollstonecraft
Mary Wollstonecraft
Gemälde von John Opie, 1797

Mary Wollstonecraft /ˈwʊlstənkrɑːft/ (* 27. April 1759 in Spitalfields, London; † 10. September 1797 in London) war eine englische Schriftstellerin, Übersetzerin, Philosophin und Frauenrechtlerin irischer Abstammung. Ihr bekanntestes Werk ist A Vindication of the Rights of Woman (1792), in dem sie in kritischer Auseinandersetzung mit den Philosophen der Aufklärung auf das Recht der Frauen auf Bildung pochte.

Nach ihrer Heirat mit William Godwin wurde sie auch mit dem Doppelnamen Mary Wollstonecraft-Godwin bezeichnet. Mary Wollstonecraft war die Mutter von zwei Töchtern. Kurz nach der Geburt ihres jüngeren Kindes, der Schriftstellerin Mary Shelley (auch Mary Wollstonecraft Shelley genannt), starb sie in Folge einer Sepsis.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wollstonecraft wurde als zweites von sechs Kindern des Webers und Landwirtes Edward John Wollstonecraft und seiner Ehefrau Elizabeth Dickson geboren. Seit Mary Wollstonecrafts frühester Kindheit zog die Familie immer wieder um. Länger als sechs bis sieben Jahre blieb sie nie an einem Ort. Deshalb war Wollstonecrafts Schulbildung nicht besonders gut. Doch ihr ganzes Leben war sie bestrebt zu lernen; ein großes Lebensziel war unter anderem die gleichberechtigte Schulbildung für Mädchen. Mit 19 Jahren ging sie von 1778 bis 1779 als Gesellschafterin einer älteren Dame nach Bath. Anschließend gründete sie u. a. zusammen mit ihren Schwestern eine private Schule in London und unterrichtete dort bis 1786. In den Jahren 1782 bis 1785 gehörte sie der unitarischen Gemeinde um die Newington Green Unitarian Church an, die den nonkonformistischen Dissenters zugerechnet wurde, und stand im Austausch mit dem dortigen Prediger und Philosophen Richard Price[1][2].

Im Dezember 1785 reiste sie überstürzt nach Lissabon, um ihrer besten Freundin, der Illustratorin Fanny Blood, bei der Geburt des ersten Kindes beizustehen. Als sie Ende Januar 1786 nach London zurückkehrte, hatten ihre Schwestern die Schule in den Ruin getrieben. Um die Schulden zu bezahlen, nahm Wollstonecraft eine Stelle als Gouvernante in Irland an.

1787 wurde ihr gekündigt. Da sie aber zu dieser Zeit gerade ihren ersten Roman Mary veröffentlicht hatte, konnte sie sich eine eigene kleine Wohnung in London leisten. Über ihren Verleger Joseph Johnson lernte sie im Herbst 1790 den Schweizer Maler und Schriftsteller Johann Heinrich Füssli kennen. Er wurde ihre erste unglückliche Liebe, da er bereits verheiratet war.

Während der Französischen Revolution reiste sie im Spätherbst 1792 nach Frankreich. Durch Empfehlungsschreiben ihres Verlegers lernte Wollstonecraft bei der Schriftstellerin Helen Maria Williams den Herausgeber der Analytical Review Thomas Christie kennen. Auch die Bekanntschaft des Weltumseglers Georg Forster und des Weltbürgers Gustav von Schlabrendorf machte Wollstonecraft bald. Über letzteren knüpfte sie Verbindungen zu dem amerikanischen Schriftsteller, Politiker und Geschäftemacher Joel Barlow, seiner Ehefrau Ruth Barlow und dem Wissenschaftler Wilhelm von Humboldt.

Durch die politischen Umstände dieser Zeit waren ihr wohl die Frauenrechtlerinnen Olympe de Gouges, Théroigne de Méricourt und Etta Palm d’Aelders u. a. bekannt, sie ist ihnen aber nicht begegnet. Allerdings wurde sie durch die britische Frauenrechtlerin und Historikerin Catherine Macaulay beeinflusst.

In Frankreich schrieb Wollstonecraft auch ihr bekanntestes Werk, A vindication of the rights of woman, in dem sie für eine Gleichberechtigung von Mann und Frau eintritt. Das Werk widmete sie dem damaligen französischen Konventabgeordneten und späterem Außenminister Charles Maurice de Talleyrand, von dem sie sich einen Einsatz für die Rechte der Frauen erhoffte.

In diesem Winter 1792/1793 lernte Wollstonecraft den amerikanischen Geschäftsmann Gilbert Imlay kennen, mit dem sie ab Mitte April 1793 eine Beziehung hatte. Am 14. Mai 1794 kam Fanny, die Tochter der beiden, in Paris zur Welt. Imlay ließ Wollstonecraft und ihre Tochter als amerikanische Staatsbürgerinnen registrieren, um sie in diesen verworrenen Zeiten etwas zu schützen. Im Sommer 1794 unternahm sie unter dem Namen Mrs. Mary Imlay eine dreimonatige Reise durch Skandinavien. Ihre Letters Written During a Short Residence in Sweden, Norway, and Denmark wurden 1796 veröffentlicht. Da Gilbert Imlay sich weigerte, Wollstonecraft zu heiraten, reiste sie mit ihrer Tochter 1795 zurück nach London. Durch die Trennung wurde sie derart depressiv, dass sie am 10. Oktober 1795 auf der Putney Bridge einen Suizidversuch unternahm.

Am 14. April 1796 besuchte Wollstonecraft den proto-anarchistischen Schriftsteller William Godwin, den sie schon 1791 bei einem Empfang ihres Verlegers Johnson kennengelernt hatte. Am 29. März 1797 heirateten Wollstonecraft und Godwin in der St. Pancras Church, London. Am 30. August 1797 kam ihre gemeinsame Tochter Mary zur Welt, die spätere Autorin des Romans Frankenstein. Nach deren Geburt erkrankte sie durch einen in der Gebärmutter verbliebenen Mutterkuchen schwer und starb elf Tage darauf am Kindbettfieber.[3] Noch im 19. Jahrhundert hatten Geburten, aufgrund der mangelhaften hygienischen Verhältnisse, oft tödliche Folgen und für die tödliche Sepsis, an der Mary Wollestonecraft verstarb, gab es damals noch keine geeignete Behandlung.[4][5]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

A Sculpture to Mary Wollstonecraft von Maggi Hambling im Newington Green (Islington)

Wollstonecraft fand Eingang in die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts. Die feministische Künstlerin Judy Chicago widmete ihr in ihrer Arbeit The Dinner Party eines der 39 Gedecke am Tisch.[6] 2020 wurde zu ihren Ehren eine Gedenkstele im Londoner Stadtteil Newington Green mit einer Plastik der Künstlerin Maggi Hambling errichtet, die jedoch teilweise auf Kritik stieß, da sie eine nackte Frauenfigur abbildet, die der Schriftstellerin nicht ähnlich sieht[7].

1994 wurde der Venuskrater Wollstonecraft nach ihr benannt.[8]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersetzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sulamith Sparre: Denken hat kein Geschlecht. Mary Wollstonecraft (1759–1797). Menschenrechtlerin. Edition AV, Lich 2006, ISBN 978-3-936049-70-1 (Reihe „Widerständige Frauen“, Bd. 2).
  • Elisabeth Gibbels: Mary Wollstonecraft zwischen Feminismus und Opportunismus. Die diskursiven Strategien in deutschen Übersetzungen von „A Vindication of the Rights of Woman“. Gunter Narr, Tübingen 2004, ISBN 978-3-8233-6077-3 (Buchvorschau bei Google Books).
  • Barbara Taylor: Mary Wollstonecraft and the Feminist Imagination. Cambridge University Press, Cambridge 2003.
  • Adriana Craciun (Hrsg.): A Routledge Literary Sourcebook on Mary Wollstonecraft’s “A Vindication of the Rights of Woman”. Routledge, London u. New York 2002, ISBN 0-415-22735-6, (Ausgabe von 2001: ISBN 0-415-22736-4.).
  • Vera Nünning: Wollstonecraft, Mary. In: Metzler Lexikon Englischsprachiger Autorinnen und Autoren. 631 Porträts – Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. von Eberhard Kreutzer und Ansgar Nünning, Metzler, Stuttgart/Weimar 2002, S. 630–632.
  • Elisabetta Rasy: Der Schatten des Mondes. Aus dem Ital. von Christel Galliani. Goldmann, München 2001, ISBN 3-442-72864-9 (biografischer Roman).
  • Karin Priester: Mary Wollstonecraft. Ein Leben für die Frauenrechte. Langen Müller, München 2002, ISBN 3-7844-2882-7.
  • Gisela Bock: Frauen in der europäischen Geschichte. Beck, München 2000, ISBN 978-3-406-46167-5.
  • Janet Todd: Mary Wollstonecraft. A Revolutionary Life. Weidenfels & Nicolson, London 2000, ISBN 0-297-84299-4.
  • Ulrike Weckel: Gleichheit auf dem Prüfstand. Zur zeitgenössischen Rezeption der Streitschriften von Theodor Gottlieb von Hippel und Mary Wollstonecraft in Deutschland. In: Tugend, Vernunft und Gefühl. Geschlechterdiskurse der Aufklärung und weibliche Lebenswelten. Waxmann, Münster 2000, S. 209–247.
  • Claire Tomalin: The Life and Death of Mary Wollstonecraft. Revised edition. Penguin, London 1992, ISBN 0-14-016761-7.
  • Moira Ferguson: Mary Wollstonecraft. Twayne, Boston 1984, ISBN 0-8057-6867-X.
  • Eleanor Flexner: Mary Wollstonecraft. A Biography. Coward, New York 1972.
  • Ralph M. Wardle: Mary Wollstonecraft. A Critical Biography. University Press, Lincoln (Nebraska) 1967.
  • Helene Simon: William Godwin und Mary Wollstonecraft. Eine biographisch-soziologische Studie. C. H. Beck, München 1909 (archive.org).
  • Helene Richter: Mary Wollstonecraft[,] die Verfechterin der „Rechte der Frau“. Carl Konegen, Wien 1897 (literature.at bei Austrian Literature Online)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Mary Wollstonecraft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Mary Wollstonecraft – Zitate (englisch)
Wikisource: Mary Wollstonecraft – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mary Wollstonecraft. Unitarian Universalist History & Heritage Society (UUHHS): Dictionary of Unitarian & Universalist Biography, abgerufen am 14. November 2020.
  2. Mark W. Harris: Historical Dictionary of Unitarian Universalism. Rowman § Littlefield, New York 2018, ISBN 978-1-5381-1590-9, S. 603.
  3. Kenneth Ross Hunter: John Clarke (1760–1815): Licentiate in Midwifery of the Royal College of Physicians of London and Doctor of Medicine of the University of Frankfurt an der Oder. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 18, 1999, S. 297–303, hier: S. 299.
  4. Memoirs of Puerperal Fever: Mary Wollstonecraft and Caroline Wray vom 20. Januar 2021 Deutschlandfunk, abgerufen am 6. März 2023
  5. Archiv. Radiolexikon Gesundheit: Sepsis – Die unterschätzte Gefahr Wordsworth, abgerufen am 6. März 2023
  6. Seite des Brooklyn Museums zum Kunstwerk, abgerufen am 15. April 2014.
  7. Nackte Kämpferin für Frauenrechte. Spiegel Online, abgerufen am 14. November 2020.
  8. Wollstonecraft im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS