Simon Wiesenthal Center
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Simon Wiesenthal Center in Los Angeles

Das Simon Wiesenthal Center ist eine jüdische, politisch tätige Internationale Nichtregierungsorganisation mit Hauptsitz in Los Angeles. Es wurde 1977 gegründet und ist nach Simon Wiesenthal benannt; es setzt sich hauptsächlich mit der Thematik des Holocausts auseinander. Simon Wiesenthal selbst war dabei nur als Namensgeber, aber weder an der Gründung noch der Leitung des Centers beteiligt.

Standorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hauptsitz des Simon Wiesenthal Centers ist in Los Angeles. Weitere Standorte sind New York, Miami, Jerusalem, Paris und Buenos Aires.

Tätigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es verfolgt das Ziel, Toleranz und Verständnis gegenüber Mitmenschen in der heutigen Zeit zu bewahren, was durch aktives Einbeziehen der Gesellschaft und deren Aufklärung und Bildung erreicht werden soll. Das Simon Wiesenthal Center beschäftigt sich mit Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus und Völkermord. Es bezieht außerdem Position für das Verbot von Antifa-Organisationen.[1] Das Zentrum ist sowohl in den Vereinten Nationen als auch bei der UNESCO als Nichtregierungsorganisation (NRO) registriert.

Seit der Gründung des Simon Wiesenthal Centers 1977 findet eine kontinuierliche Kommunikation mit sowohl privaten als auch öffentlichen Einrichtungen, u. a. mit der US-amerikanischen Regierung und anderen Regierungen statt.

Die Kampagne Operation Last Chance wird in Kooperation mit der Stiftung Targum Shlishi durchgeführt und verfolgt das Ziel, gesuchte und noch lebende NS-Kriegsverbrecher der Justiz zuzuführen. Sie wird von Efraim Zuroff, dem Direktor des Standorts Jerusalem, geleitet.[2]

Im Simon Wiesenthal Center und dem dazugehörigen Museum der Toleranz kann ein österreichischer Gedenkdienst abgeleistet werden.

Leitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gründer und Leiter des Zentrums ist der Rabbiner Marvin Hier, sein Stellvertreter ist Rabbi Abraham Cooper. Der derzeitige Geschäftsführer ist Rabbi Meyer H. May.

Bibliothek und Archiv[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bibliothek des Zentrums in Los Angeles umfasst eine Sammlung von ungefähr 50.000 Bänden und Artikeln. Ferner sind im Archiv Bilder, Tagebücher, Briefe, Artefakte, Vorlagen und seltene Bücher zu finden, welche für Forscher, Studenten und andere zugänglich sind. Eine große Anzahl der Dokumente ist online einsehbar.[3]

Verhältnis zum Namensgeber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst empfand Simon Wiesenthal es als große Ehre, dass das Center nach ihm benannt wurde. Dessen Leiter Marvin Hier vermittelte ihm zahlreiche Vorträge und Ehrungen in den Vereinigten Staaten. In späteren Jahren fühlte sich Wiesenthal häufig übergangen oder schlecht informiert, so dass sich die Konflikte häuften. Marvin Hier gelang es immer wieder, ihn zu besänftigen.[4]

Operation Last Chance[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Operation Last Chance ist eine internationale Kampagne mit dem Ziel, gesuchte NS-Kriegsverbrecher der Justiz zuzuführen. Das Motto der Aktion lautet: „Spät, aber nicht zu spät.“ Für Hinweise, die zur Verurteilung einer der gesuchten Personen führen, sind jeweils 10.000 Euro ausgesetzt.

2013 startete das Zentrum in Deutschland eine Plakat-Kampagne, mit deren Hilfe die letzten noch lebenden Kriegsverbrecher aufgespürt werden sollten. Zunächst wurden in Berlin, Hamburg und Köln insgesamt 2.000 Plakate mit dem Motto „Spät, aber nicht zu spät! Operation Last Chance“ aufgehängt. Auf den schwarz-roten Plakaten war das Tor zum KZ Auschwitz abgebildet. Für sachdienliche Informationen war eine Belohnung von bis zu 25.000 Euro ausgesetzt.

Es sei nicht zu spät, die Verbrechen des Holocaust zu verfolgen, und ihr inzwischen hohes Alter dürfe die Täter nicht schützen, gab das Simon-Wiesenthal-Zentrum an. Das Zentrum schätzte zu dem Zeitpunkt die Zahl der noch lebenden Nazi-Verbrecher in Deutschland auf 60 bis 120. Die Gesuchten waren vermutlich um die 90 Jahre alt oder noch älter. Anlass der Plakat-Kampagne war die Verurteilung des Kriegsverbrechers Iwan Demjanjuk. Der Fall hatte die Rechtslage verändert: der ehemalige KZ-Aufseher Demjanjuk wurde 2011 trotz nicht nachweisbarer Individualschuld wegen Beihilfe zum Mord in 20.000 Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es für eine Verurteilung als ausreichend an, dass Demjanjuk „Teil der Vernichtungsmaschinerie“ der Nationalsozialisten war.[5] Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg hatte im April 2013 mitgeteilt, dass sie gegen 50 weitere KZ-Aufseher des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau Vorermittlungen führt.[6]

Im Oktober 2014 hat das Simon-Wiesenthal-Center der deutschen Regierung eine Liste von 80 deutschen Staatsbürgern vorgelegt, die im Zweiten Weltkrieg den Tod von zahlreichen Juden verschuldet haben sollen. Ein Sprecher der jüdischen Organisation aus Jerusalem gab an, dass diese Personen immer noch am Leben seien. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums erläuterte gegenüber israelischen Medien, dass die Liste an das Büro des Sonderstaatsanwalts in Ludwigsburg weitergegeben und nun dort untersucht werde.[7]

Die zehn schlimmsten antisemitischen/antiisraelischen Verunglimpfungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das SWC veröffentlicht seit 2010 die „Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs“, eine jährliche Top-Ten-Liste von Zitaten, bei denen es sich nach Auffassung des SWC um antisemitische/antiisraelische Verunglimpfungen handelt, die sich zudem durch eine breitere gesellschaftliche Akzeptanz auszeichnen und damit nach Ansicht des SWC „den Weltfrieden bedrohen“.[8]

In einem Interview mit der Zeitung Die Zeit konkretisierte Rabbi Abraham Cooper, stellvertretender Direktor des SWC, das Anliegen, das mit der Liste verfolgt wird:

„Wir veröffentlichen diese Liste jedes Jahr seit 2010. Sie soll eine weltweite Momentaufnahme sein und zeigen, wo und wie Antisemitismus massenkompatibel wird. Die Liste ist ein Weckruf an die Politik und soll zu Diskussionen anregen. […] Wir folgen [bei der Unterscheidung zwischen legitimer Kritik und Antisemitismus] sehr genau der Definition von Nathan Sharansky, dem Vorsitzenden der israelischen Einwanderungsorganisation. Entscheidend sind demnach Doppelmoral, Dämonisierung und Delegitimierung. Trifft eines dieser drei „D“ zu, handelt es sich nicht mehr um bloße Kritik.“

Abraham Cooper[9]

Auf der Liste fanden sich auch Zitate Deutscher: Thilo Sarrazin 2010,[10] Hermann Dierkes 2011[11] und Jakob Augstein 2012.[12] Für das Jahr 2013 wurden von der Stuttgarter Zeitung und der Badischen Zeitung veröffentlichte Karikaturen in die Liste aufgenommen.[13] Die Bank für Sozialwirtschaft stand 2018 auf Platz 7 der Liste, weil sie das Konto des Vereins Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost fortführte, der die Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) unterstützt. 2019 kam Christoph Heusgen, Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen, auf Platz 7 der Liste, weil er im Sicherheitsrat 25 mal antiisraelisch gestimmt und israelische Bulldozer mit Hamas-Raketen gleichgesetzt habe.[14]

2020 ging Platz 7 an die „deutsche Kulturelite“, insbesondere an das Goethe-Institut, die Kulturstiftung des Bundes, die Berliner Festspiele, das Deutsche Theater, das Einstein Forum, das Humboldt Forum und weitere staatlich finanzierte Kultureinrichtungen, die gemeinsam eine Entschließung des Deutschen Bundestages, der BDS-Bewegung „finanzielle Unterstützung und die Vergabe von kommunalen Räumen“ zu verweigern, als Verstoß gegen die Meinungsfreiheit kritisiert hatten.[15][16]

Um die konkreten Anschuldigungen zu sehen, bitte die originale Liste des Simon Wiesenthal Centers unter den Einzelnachweisen (Top Ten worst global anti-semitic/anti-Israel incidents) aufrufen.

Liste der zehn schlimmsten antisemitischen/antiisraelischen Verunglimpfungen 2010 bis 2021 im Überblick
Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
2010[17] Helen Thomas Oliver Stone Mahathir bin Mohamad Al-Mutawakil Taha (stellvertretender Informationsminister der Palästinensischen Autonomiebehörde) Thilo Sarrazin Karel de Gucht Rick Sanchez (ehemaliger CNN-Korrespondent) Petras Stankeras (Historiker und Berater des litauischen Innenministeriums) Christina Patterson (The Independent) Soziale Netzwerke
(Yahoo, Facebook, Twitter)
2011[18] Mahmud Abbas Recep Tayyip Erdoğan Mikis Theodorakis John Galliano Lars von Trier Osama Al-Malouhi (syrischer Oppositioneller) Tawfiq Okasha (ägyptischer Präsidentschaftskandidat) George Saliba Hermann Dierkes (Die Linke Duisburg) Jeremiah Wright
2012[19] Ägyptische Muslimbruderschaft:
Mohammed Badie
Futouh Abd Al-Nabi Mansour
Iranisches Regime:
Mahmud Ahmadineschad
Hassan Firouzabadi
Mohamed Rahimi
Carlos Latuff Europas antisemitische Fußball-Fans Allukrainische Vereinigung „Swoboda“:
Oleh Tjahnybok
Ihor Miroschnytschenko
Chrysi Avgi:
Nikolaos Michaloliakos
Ilias Kasidiaris
Jobbik:
Marton Gyongyosi
Auszeichnung des Arztes Trond Ali Linstad mit der Kongens fortjenstmedalje Jakob Augstein Louis Farrakhan
2013[20] Ali Chamene’i Recep Tayyip Erdoğan Richard Falk Boycott, Divestment and Sanctions
American Studies Association (ASA)
Roger Waters
United Church of Canada
Jobbik Rechtfertigung und Glorifizierung Hitlers:
Najwa Karam
Mehmet Sahin
Zwei türkische Studenten, die den Hitlergruß vor dem Eingangstor des KZ Auschwitz zeigten
Yusuf al-Qaradawi
Qays bin Khalil al Kalbi
Muhammad al Farraj
Karikaturen:
Zeon
Badische Zeitung
Stuttgarter Zeitung
Dagbladet (Norwegen) Thomas Drefvelin
Pine Bush School District Alice Walker
Max Blumenthal
Europäische Sportveranstaltungen:
Miejski Ośrodek Sportu i Rekreacji, Łódź
Fans der Ungarischen Fußballnationalmannschaft
Dynamo Riga
Josip Šimunić
2014[21] Ein Arzt in Belgien versagt einer 90-jährigen jüdischen Frau medizinische Hilfe („Schick sie nach Gaza für einige Stunden, dann wird sie befreit von ihren Schmerzen“) Terroranschlag auf die Kehilat-Bnei-Torah-Synagoge in Jerusalem Überfall auf ein jüdisches Paar und Vergewaltigung in Créteil Toilettenaffäre“ bei der Partei Die Linke Faruk Köse, Kolumnist in der Türkei, schlägt eine Sondersteuer für türkische Juden vor. Björn Söder (Schwedendemokraten; Vizepräsident des schwedischen Reichstags) Mihály Zoltán Orosz Dämonisierung und Delegitimation Israels in amerikanischen akademischen Kreisen Frazier Glenn Cross, Jr. (ehemaliger Grand Dragon des Ku-Klux-Klan) In einem Sportartikelladen in Hertfordshire wird einem Juden der Eintritt verwehrt („No Jews, no Jews“)
2015[22] Judenhass inspirierte die Attentäter des Terroranschlags in San Bernardino ISIS Europäische Union für Doppelmoral gegenüber Israel Campus in den USA: antisemitische Angriffe auf jüdische Studenten Palästinensische Autonomiebehörde/UNRWA Iran Kultur und Sport in Europa: Hassgesänge gegen Juden, Absage an den jüdischen Rapper Matisyahu in Spanien Jeremy Corbyn, Gerald Kaufman Kuwait Polen
2016[23] Resolution 2334 des UN-Sicherheitsrates und Resolutionen der UN-Generalversammlung Führung der Labour Party und Jenny Tonge Frankreich boykottiert Israel Boykottierung, Ausgliederung und Sanktionen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Canadian Union of Students und United Church of Christ Richard B. Spencer Palästinensische Autonomiebehörde und Hamas Zahlreiche antisemitische Angriffe in den Niederlanden Margot Wallström Sport – Brutstätte für Hass Leugnung der Beteiligung von Polen am Holocaust; Anna Zalewska
2019[24] Britische Labour Party unter Jeremy Corbyn Anschläge in Jersey City und Halle Todesdrohungen gegen Liliana Segre Verfahrenseinstellung im Mordfall Sarah Halimi Rashida Tlaib und Ilhan Omar Hasskriminalität gegen Juden in New York City Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters Christoph Heusgen im UN-Sicherheitsrat Universitäten in den USA und Kanada Jahrestag der „Kristallnacht“ in Dänemark und Schweden Pastor Rick Wiles bezeichnet das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump als „jüdischen Putsch“
2020[25] Antisemitismus im Rahmen der COVID-19-Pandemie Telegram Louis Farrakhan Antisemitische Angriffe im Nachgang der Black Lives Matter Proteste Ajatollah Chamenei Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, dass Schächten von EU-Staaten verboten werden darf Versuch der Re-Legitimisierung der BDS-Kampagne durch die „deutsche Kulturelite“ Anti-Zionismus an US-amerikanischen Universitäten Demokratische Sozialisten Amerikas Daniel Jadue
2021[26] Iran Hamas BBC und das Vereinigte Königreich Nazi- und Antisemitismus-Symbole in der Impfgegner-Bewegung Jewish Voices for Peace Soziale Netzwerke (Twitter, Telegram, TikTok, Facebook) Deutschland Council on American-Islamic Relations und Sunrise Movement Carol Falt, Präsidentin der University of Southern California Unilever

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das SWC kam vor allem Ende 2005 bei der jüdischen Gemeinde Venezuelas in die Kritik, als es dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez antisemitische Äußerungen vorwarf, weil dieser behauptete, „die Nachkommen derer, die Christus kreuzigten […], haben sich die Reichtümer der Welt zu eigen gemacht“. Das SWC ging davon aus, dass hiermit die Juden gemeint waren.[27] Juden enorme Macht und Reichtum zuzusprechen, ist ein häufiges antisemitisches Klischee. Die jüdische Gemeinde Venezuelas wies dies kurz darauf zurück, da das SWC die Äußerungen von Chávez zum wiederholten Mal sinnentstellend verkürzt wiedergegeben habe.[28]

Vergleichbare Kritik wird auch an den „antisemitischen/antiisraelischen Verunglimpfungen“ geäußert. Die hier veröffentlichten Zitate seien teilweise so gekürzt, dass eine deutlich andere Aussage suggeriert werde als beim vollständigen Zitat im ursprünglichen Kontext.

Zum Jahreswechsel 2012/2013 geriet das SWC in der deutschen Presse in die Kritik, da es Äußerungen des deutschen Journalisten und Verlegers Jakob Augstein über Israel und die israelische Regierung auf die Rangliste „2012 Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs“ (Top zehn antisemitische/anti-israelische Verunglimpfungen 2012) gesetzt hatte (Platz 9).[12] Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, kritisierte, dass „die anderen auf der Liste, auch die widerlichen Naziparteien in unseren europäischen Partnerländern Ungarn und Griechenland, damit unzulässig verharmlost werden“.[29] Augstein schüre aber fahrlässig antiisraelische Ressentiments, vermittle ein undifferenziertes und verfälschtes Israelbild und schreibe ohne Empathie und ohne Verständnis für Israels Existenzängste.[30] Verschiedene Politiker, Journalisten, Nahost- und Antisemitismusexperten nahmen Augstein gegen Antisemitismusvorwürfe in Schutz, distanzierten sich dabei aber teilweise von Augsteins Aussagen.[31][32][33][34]

Auch die Plakataktion „Spät, aber nicht zu spät! Operation Last Chance“ sah sich Kritik ausgesetzt. Michael Wolffsohn bezeichnete die Aktion als „geschmacklos“ und vertrat die Ansicht, das Simon Wiesenthal Center stehe „oft für Klamauk, aber nicht für wirklich intensive, pietätvolle Aufarbeitung“.[35]

2019 geriet das SWC in die Kritik, weil es auf seiner „Liste der zehn schlimmsten weltweiten antisemitischen Zwischenfälle 2018“ auf Platz sieben die deutsche Bank für Sozialwirtschaft führte, denn diese habe ein Konto der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost bei ihr nicht gekündigt.[36] Diese Organisation kritisiert die israelische Politik in den besetzten Gebieten und wird von einigen Quellen in einen Zusammenhang mit Boycott, Divestment and Sanctions gerückt. Stefan Reinecke kommentierte, die Liste sei „zwischen Klamauk und Agitprop angesiedelt“, das beste wäre, sie zu ignorieren.[37][38]

Auch die Aufnahme des deutschen Vertreters bei den Vereinten Nationen, Christoph Heusgen, in die „Liste antisemitischer Vorfälle“ 2019 stieß auf Kritik. Die deutsche Regierungssprecherin Ulrike Demmer stellte klar, dass Heusgen das Abstimmungsverhalten im Sicherheitsrat nicht selbst festlege, sondern auf Weisung der Bundesregierung handele. Zudem habe sich der Diplomat „über Jahre hinweg und mit großer Leidenschaft gegen Antisemitismus eingesetzt“. Das Auswärtige Amt gab an, dass sich Deutschland bei den Vereinten Nationen „gegen eine unfaire Behandlung Israels“ einsetze und „Israels legitime Interessen“ unterstütze.[39] Der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, bezeichnete die Vorwürfe gegen Heusgen als „völlig unangebracht“.[40]

Nachdem das SWC den Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, auf Platz sieben der Top-Ten-Liste des globalen Antisemitismus für das Jahr 2021 aufgeführt hatte, kritisierten die Israelitischen Religionsgemeinschaften die Organisation. Blume sei ein „Brückenbauer zwischen Baden-Württemberg und Israel“. Ihn „auf eine gemeinsame Liste mit Feinden Israels zu setzen“ sei „ungeheuerlich“. Der Zentralrat der Juden in Deutschland erklärte, die Vorwürfe gegen Blume seien „absurd“. Auch die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland kritisierte das SWC wegen seiner Entscheidung. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann bezeichnete die Vorwürfe als „nicht nachvollziehbar und höchst befremdlich“. Blume selbst erklärte, dass einige Vorwürfe des SWC „nicht einmal einer oberflächlichen Überprüfung stand“ hielten.[41]

Im Januar 2023 kritisierte der Chef vom Dienst der größten jüdischen Zeitung Deutschlands, Jüdische Allgemeine, das Wiesenthal-Zentrum dafür, Christoph Heusgen, Jakob Augstein und Michael Blume in seine Listen aufgenommen und neben Terroristen und Antisemiten genannt zu haben. Er schrieb in Bezug auf das Wiesenthal-Zentrum und seine Listen:[42]

„Der Kampf gegen Antisemitismus ist zu ernst, um ihn so zu führen, wie es das Wiesenthal Center mit der Liste leider getan hat. . […] Wahrheit statt Fake News: Für Simon Wiesenthal war das eine Selbstverständlichkeit. Zum Selbstverständnis des Simon Wiesenthal Centers gehört dies offenkundig nur sehr bedingt.”

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. https://twitter.com/simonwiesenthal/status/1267159665164513281. Abgerufen am 31. Dezember 2021.
  2. Simon Wiesenthal Center. Operation: Last Chance, abgerufen am 27. Dezember 2013.
  3. Multimedia Learning Center (Memento vom 19. Dezember 2008 im Internet Archive)
  4. Tom Segev: Simon Wiesenthal. Siedler, Berlin S. 460–470.
  5. Plakat-Aktion: Suche nach NS-Verbrechern (Memento vom 26. August 2013 im Internet Archive), ndr.de, 24. Juli 2013.
  6. „Wir stehen am Anfang der Ermittlungen“, fr-online.de, 9. April 2013 (Interview mit dem Leiter der Ludwigsburger Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, Kurt Schrimm).
  7. Pressebericht auf israel heute.
  8. Simon Wiesenthal Center: 2012 Top Ten Anti-Israel/Anti-Semitic Slurs – Mainstream Anti-Semitism Threatens World Peace.
  9. Christopher Weckwerth: „Augstein sollte sich bei den Lesern und dem jüdischen Volk entschuldigen“. ZEIT-Online, 5. Januar 2013.
  10. Simon Wiesenthal Center: 2010 Top Ten Anti-Semitic Slurs (Memento vom 17. Oktober 2012 im Internet Archive) (PDF; 188 kB).
  11. Simon Wiesenthal Center: 2011 Top Ten Anti-Israel/Anti-Semitic Slurs
  12. a b Simon Wiesenthal Center: 2012 Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs.
  13. Benjamin Weinthal: Wiesenthal releases 'Top Ten 2013 anti-Semitic, anti-Israel slurs' list. Jerusalem Post, 30. Dezember 2013.
  14. 2019 Top Ten worst global anti-semitic and anti-Israel incidents
  15. German Elite Launch All-Out Assault To Re-Legitimize Anti-Semitic BDS. In: Top 10 Worst Global Anti-Semitic Incidents, Simon Wiesenthal Center, S. 6.
  16. Henryk M. Broder: Antisemitismus: Platz 7 für die deutsche Kulturelite. Die Welt, 3. Januar 2021.
  17. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2010 (Memento vom 17. Oktober 2012 im Internet Archive)
  18. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2011 (Memento vom 9. Februar 2015 im Internet Archive)
  19. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2012 (Memento vom 19. März 2013 im Internet Archive)
  20. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2013 (Memento des Originals vom 30. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wiesenthal.com
  21. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2014
  22. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2015
  23. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2016
  24. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2019
  25. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2020
  26. Top Ten worst global anti-semitic/anti-israel incidents 2021
  27. SWC News Items (Memento vom 26. September 2007 im Internet Archive).
  28. Marc Perelman: Venezuela's Jews Defend Leftist President in Flap Over Remarks, forward.com, 13. Januar 2006.
  29. Kultur und Leben, Medien. „Schauderhaft und schrecklich“. In: Focus. 02/2013, 7. Januar 2013.
  30. Der Spiegel, 14. Januar 2013: Spiegel-Streitgespräch: Was ist Antisemitismus?
  31. Gysi und Klöckner verteidigen Augstein gegen Antisemitismus-Vorwurf. In: Spiegel Online. 31. Dezember 2012.
  32. Nils Minkmar: Antisemitismus-Vorwurf: Eine offene Gesellschaft. In: FAZ. 1. Januar 2013.
  33. Kritik an Antisemitismus-Vorwurf gegen Augstein, Deutschlandradio Kultur, 3. Januar 2013 (Interview von Klaus Pokatzky mit Antisemitismusforscher Klaus Holz).
  34. Christian Bommarius: Broder diffamiert Augstein. In: Berliner Zeitung. 2. Januar 2013.
  35. Interview im Deutschlandradio Kultur vom 23. Juli 2013.
  36. Top Ten worst global anti-semitic incidents 2018
  37. Stefan Reinecke: Zwischen den Stühlen In: taz vom 10. Januar 2019, S. 3.
  38. Stefan Reinecke: Kurios, naiv, hilflos In: taz vom 11. Januar 2019, S. 3.
  39. Bundesregierung weist Antisemitismusvorwurf gegen Botschafter zurück. In: Zeit Online, 13. Dezember 2019.
  40. Terror von Halle auf Platz zwei der Liste antisemitischer Vorfälle. In: Zeit Online, 18. Dezember 2019.
  41. Antisemitismusvorwürfe gegen Antisemitismusbeauftragten. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Dezember 2021, abgerufen am 29. Dezember 2021.
  42. Philipp Peyman Engel: »Jüdische Allgemeine«-Autor: Warum ich diese Antisemitismus-Liste nicht mehr ernst nehme – Gastbeitrag. In: Der Spiegel. 7. Januar 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 11. Januar 2023]).

Koordinaten: 34° 3′ 14″ N, 118° 24′ 7″ W