FŒHN, Heft 16
 
1992

An der Demokratie stört sie vor allem die Demokratie

Eine Kampagne muß her!

Was fallt ihnen ein, wenn das Volk nicht will?
Das Nächstliegende.
Also, das nicht zu tun, was das Volk nicht will?
Nein, das ihnen Nächstliegende: Das Volk das wollen zu machen, was sie wollen.

Im Kapitalismus geht es nicht um Argumente. (Sonst sähe es anders aus bei uns.) Sondern um Interessen. Was entscheidet, ist das Geld und nur das Geld und überall das Geld. Drum heißt er ja auch so.

Sich dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung einfach zu beugen, das kommt für die Herren und ihre Presse-Stöpsel nicht in Frage. Da hörte sich ja alles auf! (Ja, kann man da nur sagen, da hörte sich wirklich vieles auf, wenn es nach dem Willen der Mehrheit ginge!)

Wie Militärs in einem Bunker denken sie: Wo Gegenwehr ist, muß sie zusammengehaut werden. Wo Widerstand ist, muß eine Offen­sive her! Gegner (wie in der US-Offensive gegen die irakische Armee vorgezeigt) sind dazu da, eingebaggert zu werden.

Mit Demokratie hat das, was hier passiert, nichts zu tun. Aber für das, was in Österreich unter dem Decknamen „Demokratie“ abläuft, ist es ein gutes Beispiel.
Auftreten 20 Demokraten (der Platz für solche ist beschränkt, nicht in Österreich, aber hier im FOEHN):

1. Demokrat:

Regierung steht und fällt mit EG-Volksabstimmung. Werbung für Abstimmung muß von Regierung und Parlament gemeinsam getragen werden.

SPÖ-Zentralsekretär H. Keller, Kurier, 4.11.88

2. Demokrat (Chor):

Beide Parteien stimmen überein, daß durch eine geeignete Öffentlich­keitsarbeit die gemeinsame integrationspolitische Linie der Regierung sichtbar gemacht werden muß.

Dokument der Regierungskoalition
vom 26.6.89, Presse, 29.7.89

3. Demokrat:

Während die Regierung stumm bleibt, sackt die öffentliche Meinung, die einst massiv für einen EG-Beitritt gewesen ist, beständig ab. (...) Kommt es nicht umgehend zur integrationspolitischen Informations-Offensive, dann braucht man gar nicht fragen, wie die Volksabstimmung ausgehen wird, die nach den Beitrittsverhandlungen fällig ist.

A. Unterberger, Presse, 29.7.89

4. Demokrat:

Getragen von den Sozialpartnern und den Interessensvertretungen im weitesten Sinne sollte eine EG-Informationsagentur geschaffen werden, welche die umfassende Information der österreichischen Bevölkerung in der Art einer ständigen Informationskampagne vorbereitet und die dafür notwendigen substantiellen Finanzmittel bereitstellt.

A. Khol, N. Volksblatt, 25.10.89
„Kampagne“ und „Offensive“ im Fremdwörter-Duden:
Die Bundesregie­rung droht uns in ihrem „Kommunikationskonzept zur Europäischen Integration“ gar eine „umfassende EG-Kommunikationsoffensive“ (Profil, 27.5.91) an. „Kommunikation“ ist laut Duden die „Verständigung unterein­ander“. Und die soll durch einen Angriff („Offensive“) geschehen? Wirklich, wir leben in finsteren Zeiten.

5. Demokrat:

Von der lauthals angekündigten Informationsoffensive der Bundesregie­rung über Wesen und Wichtigkeit der EG-Integration ist nichts zu sehen und schon gar nichts zu hören. Entsprechend schlecht ist die Volksmei­nung. (...) Eine EG-Offensive ist überfällig.

Chr. Kotanko, Kurier, 23.1.90

6. Demokrat:

Wo, bitte schön, bleibt die integrationspolitische Informationsoffensive im Inland, die nicht nur als Absichtserklärung im Arbeitsübereinkommen der Regierungsparteien steht, für die sogar ein eigenes Staatssekretariat geschaffen worden ist?

M. Frühbauer, Industrie, 17.4.91

7. Demokrat:

Falls überhaupt ein Referendum, sollte es deshalb unbedingt abgehalten werden, bevor der Vertrag ausverhandelt ist, um eine mögliche Blamage zu verhindern. Außerdem müßte dem Votum eine intensive Information der Bevölkerung vorangehen.

H. Kienzl, zitiert in Presse, 11.5.91

8. Demokrat:

Bei einer Ablehnung eines EG-Beitrittes im Falle einer Volksabstimmung werden die Tore Brüssels für Österreich lange verschlossen bleiben. (...) Einer seriösen Informationspolitik als Vorbereitung auf einen EG-Beitritt Österreichs kommt in den nächsten Jahren damit eine Schlüsselposition zu. Mehr als holprige Ansätze dazu sind leider bis jetzt nicht erkennbar.

E. Fraisl, Kurier, 19.5.91

9. Demokrat:

Es besteht die Gefahr, daß mit der Einstellung „Was brauch ma des“ auch ein EG-Beitritt verhindert wird und wir an den Rand Europas gedrängt werden. [Daher muß] in dieser Frage optimale Informationsarbeit gelei­stet werden.

J. Cap, Profil, 27.5.91

10. Demokrat:

[Riegler fordert] Eine sehr intensive Diskussions- und Informationswelle in Zusammenhang mit der Europapolitik.

J. Riegler, Profil, 27.5.91

11. Demokrat:

Wir müssen jetzt sofort beginnen, mit einer geduldigen, strategisch vorbe­reiteten Kommunikationsarbeit das Thema EG zu einem Thema des Vol­kes zu machen. Die Volksabstimmung kann schon 1993 ins Haus stehen. Zwei Jahre sind aber das mindeste, um mit einer so komplizierten Botschaft durchzukommen.

Dieter Wasberg (Werbeagentur Grey),
Wochenpresse, 31.5.91

12. Demokrat:

Alle Umfragen weisen nur eine knappe Mehrheit der Befürworter eines EG-Beitrittes aus. Wenn auch hier statt informiert dilettiert wird, kann sich Österreich die Teilnahme am europäischen Binnenmarkt abschminken. [...] Dennoch geht es schon jetzt darum, die Bevölkerung intensiv über die Folgen eines EG-Beitrittes aufzuklären. Es ist juristisch völlig unbestritten, daß es eine Volksabstimmung geben muß. Wenn die Regierung inklusive Staatssekretär Jankowitsch weiter lasch informiert, wird die Abstimmung katastrophal ausgehen. Nach dem Vorbild der EXPO-Volksbefragung.

F. F. Wolf, Kurier, 1.6.91 bzw. 20.7.91

13. Demokrat:

Wir haben nur ein großes Defizit, das wir auch immer öffentlich benannt haben: die Information. Große Teile der Bevölkerung wissen einfach nicht, worum es im Rahmen dieser großen europäischen Integration geht. Nicht nur sollen Interessenverbände wie etwa unsere Vereinigung — wir sind sehr aktiv, ich persönlich bin jede Woche ein paar Mal unterwegs — hier Infor­mation geben, weil man uns natürlich unterschiebt, im eigenen Interesse zu handeln, sondern es sollte so eine Art überparteiliche, objektivierte Platt­form geschaffen werden, durch welche die Bevölkerung rechtzeitig infor­miert wird, was denn überhaupt EWR, was EG, was diese ganze Verände­rung in der wirtschaftlichen Szene Europas — auch in Richtung Osten — bedeutet. Das aber ist bisher leider noch nicht geschehen. Da existieren Vorschläge von unserer Seite an die Bundesregierung, wie man dieses Pro­blem auf gut österreichische Weise lösen könnte, sodaß beim Empfänger das Gefühl entsteht, hier sei man um eine objektive, faire Information bemüht.

H. Krejci, Moderne Zeiten, Juni 91

14. Demokrat:

Meinungsumfragen zeigen beträchtliche Verwirrung über Wert und Unwert eines österreichischen EG-Beitritts. [...] Die Art, wie die (EXPO-) Volksbefragung über dieses Thema vorbereitet wurde, zeigt, daß man­gelnde Sorgfalt zu überraschenden Ergebnissen führen kann. Dies darf in Sachen EG-Beitritt nicht passieren. [...] Es wird einer umfassenden und systematischen Informationsarbeit bedürfen, um die Österreicher auf den EG Beitritt vorzubereiten.

O. Mascke, Auswärtiger Dienst
(Wien), Profil, 24.6.91

15. Demokrat:

Jankowitsch sollte sich um die innerösterreichische Vorbereitung des EG-Beitritts kümmern. Im letzten halben Jahr ist in dieser Frage fast nichts geschehen. Obwohl die österreichischen EG-Bemühungen jetzt in ihre ent­scheidende Phase treten, werden die Ängste und Vorbehalte in der Bevölke­rung immer größer. Vranitzky und Jankowitsch sollten daher bis zum Sep­tember ein Konzept für eine umfassende EG-Informationskampagne aus­arbeiten. [...] Diese Werbeoffensive muß dem Staat 50 bis 100 Millionen Schilling wert sein. [...] Vor allem muß man den Bürgern klar machen, daß Österreich ohne EG keine Chance hätte.

E. Busek, TT, 16.7.91

16. Demokrat:

Die Bundesregierung sollte dringendst mit PR beginnen. Es ist erschüt­ternd, wie wenig der PR-Gedanke ins Kalkül gezogen wird. Verblüffend, wie blauäugig da agiert wird. Wichtig wäre eine PR-Kampagne zusammen mit einer Werbekampagne.

W. M. Rosam (Agentur Publico / Eigentümer),
a3boom!, Aug. 91

17. Demokrat:

Da zum gegebenen Zeitpunkt [...] die österreichische Bevölkerung in einer Volksabstimmung aufgerufen wird, über den EG-Beitritt abzustimmen, ist es unsere Aufgabe, diesen Mißstand der Uninformiertheit auf breiter Basis zu bekämpfen und entgegenzuwirken. [...] Es ist daher jede Kommunika­tionstätigkeit auf allen erdenklichen und zur Verfügung stehenden Wegen mit höchstmöglicher Professionalität durchzuführen.

Kanzleramts-Papier für
Werbeagenturen, Salto, 16.8.91

18. Demokrat:

Meine Empfehlung lautet, daß es höchste Zeit ist, sich von Fachleuten beraten zu lassen. Das muß nämlich eine Informationskampagne im großen Stil werden. Und das, siehe EXPO, schleunigst. Die Werbung muß aus ihrem Selbstverständnis heraus eine PR-Kampagne sein. Und dabei werden sich die Werbeagenturen allein schwertun. In dem Bereich braucht man sowohl PR-Experten als auch Fachleute aus der Werbung.

R. Skoff (Public Relations-Verband Austria
APRVA, Leiterin), a3boom! Aug. 91

19. Demokrat:

Vor Befragungen des Volkes muß die umfassende und ehrliche Informa­tion stehen, gekonnt und professionell aufbereitet. Daran fehlt es bisher. [...] Professionell, als nationale Aufgabe und losgelöst von Parteien und Inter­essenverbänden, unter ständiger Begleitung der Meinungsforschung sowie der Tiefenpsychologie.

H. Krejci, Salto, 16.8.91 bzw. Kurier, 21.7.91

20. Demokrat:

Der zweitbeste Weg, die EG-Beitrittsdebatte auf das ihr gebührende Niveau einer — meiner Ansicht nach unumgänglichen — Jahrhundertentschei­dung zu heben, ist die professionell durchgeführte Informationskampa­gne. Dort müßten mangels entsprechend gewichtiger Polit-Persönlichkeiten, Kommunikationswissenschafter und PR-Spezialisten im Hintergrund das Sagen haben.

J. Tschebull, Kurier, 17.8.91

Wäre es da nicht einfacher (der Europäische Wirtschaftsraum [EWR] ermöglicht es ja angeblich, sich seinen Arbeitsplatz überall frei zu wählen), die Regierung suchte sich irgendwo in Europa ein neues Volk?

Bilder des Widerstands 5:
Sich wehren gegen den Transitverkehr heißt, sich wehren gegen die EG. Links: Anti-Transitkundgebung auf dem Land­hausplatz in Innsbruck (8. November 1986). Rechts: Autobahn-Totalblockade bei Vomp (12. April 1991)
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