FORVM, No. 495
März
1995

Ausgrenzen

Rede von Karl Haushofer jr. vor der Europäischen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit 1998 in der Wiener Hofburg — aufgezeichnet von K. Kanstadt

Der Firmenname tut nichts zur Sache. Meine ideologischen Auffassungen stellten einen zuverlässigen Maßstab für den Auftrag des Entwurfs eines optischen Personalausweises dar. Dieser Personalausweis sollte die Parteizugehörigkeit in Farbe, die Rasse und die Religion widerspiegeln.

Anfänglich stieß dies vor allem bei den Angelsachsen auf Widerstand, bis sie sich durch ihre ehemaligen Kolonien von einer „Überschwemmung“ bedroht sahen. Ein Glück für die Sachsen, daß wir nicht nur für die chinesischen Volksgruppen, sondern auch für die Inder kodierte Tabellen vorprogrammiert hatten.

Übrigens waren wir damals mit dem Wegfall der russischen Pufferzonen bei weitem nicht so glücklich wie allgemein gedacht wurde. Diese muffigen Nationalitäten mit ihren stickigen Ghettos strahlten die gleiche explosive Atmosphäre aus wie vor dem zweiten Weltkrieg. Viele innerhalb der EU teilten die Meinung, daß man besser daran getan hätte, die sozial instabilen Völker in die sibirische Einöde zu deportieren. China ist wenigstens der Symbiose seiner Menschenrasse mit den biologischen Grenzen treugeblieben: Tibet als ein Indiz dafür. Schon wie früher geschah das auf Kosten von Intellektuellen und Hand in Hand mit Bücherverbrennungen, aber mit dem Vorteil dauerhafter, und nicht ruinierter Grenzen, so wie in Rußland. An unseren südlichen Grenzen haben wir weniger zu befürchten. Zwischen uns und den Arabern liegt ja ohnehin das Mittelmeer. Außerdem hatte Albert Schweitzer schon früher einmal konstatiert, daß die Afrikaner unserer Rasse gegenüber eine an- und eingeborene Sklavenmentalität haben, wodurch unser Lebensraum von selbst beschützt wird. Wachsamkeit ist gefragt, denn wie schon der niederländische Justizminister sagte: „Die da unten sind sowieso nur aufs Schlaraffenland aus.“

1984 war das Jahr der Wahrheit: Helmut Kohl verkündete stolz an der deutsch-österreichischen Grenze, daß das, was mit einem physischen Anschluß nicht, jetzt mit einem Datenanschluß sehr wohl gelungen war. Dank unserer Firma kam es zu seiner Standardisierung der Hard- und Software. Unser Betrieb betrachtete es als seine Pflicht, die anthropo-geographischen Ziele innerhalb der EU mit neuen Symbolen zu versehen, um so den alten wieder eine Bedeutung zu geben. Und welches Volk, wenn nicht das deutsche, ist besser im Stande, neue, erkennbare Runen aus alten Spuren herzuleiten — freilich mit dem vorläufigen Unter- und Hintergrund der INPOL-Computerzentrale des Bundeskriminalamts.

Auf unsere Veranlassung hin wurden die deutschen Personalausweise — immer die Festung Europa im Auge — vorbildhaft für die EU. Bei stichprobenartigen Kontrollen gelangt man von vornherein in die Kategorie „Ist kontrolliert!“ und, wenn man sich zufällig in der Nähe eines Anschlags aufhält, in die „Verdächtig! “-Kategorie. Beim Durchkämmen der Bevölkerung auf der Suche nach Terroristen wird man sowieso überprüft. Unser Grad an Aufmerksamkeit richtet sich selbstverständlich nach der jeweiligen gesellschaftlichen Einsatzmöglichkeit. Schmarotzer und Linke, Hilfsbedürftige (beispielsweise Abtreibungstouristinnen) oder Aids-kranke stellen eine Gefahr für unseren säkularisierten Marktmechanismus dar. Ihnen ist ein mangelhafter Instinkt vorzuwerfen, schlimmer noch, sie müssen als infiziert betrachtet werden, als gefährliche politische oder amoralische Bazillenträger, die die allzu verletzlichen und durchlässigen Außengrenzen zu umgehen wußten. Daß wir jetzt gegen sie vorgehen können, beweist, daß Europa zur Datenfront aufschließen konnte.

Bei den Überlegungen über den Standort der polizeilichen Datenzentrale sprach für Belgien, daß es seinerzeit im Dritten Reich kaum Schwierigkeiten gehabt hatte, urdeutsche Kirchenglocken erschallen zu lassen, und daß die Reichs- und Fremdenpolizei den eurozentristischen Gebärden zugejubelt hatte. Es mußte jedoch geheimgehalten werden, was die eigentliche Aufgabe dieser Behörden innerhalb des Schengen-Vertrags war. Es mußte so geheimgehalten werden, daß sogar die Parlamente von den Verhandlungen ausgeschlossen wurden, und nur einige wenige in das Klagelied eines UNO-Hochkommissars — wohlgemerkt ein Afrikaner — miteinstimmten, daß die Datenschutzgesetze und Flüchtlingskonventionen des Europarats übertreten würden.

Um den Schein aufrechtzuerhalten daß sie im Dienste von Terrorismus- und Krimina-litätsbekämpfung handelten, beschlossen die Innenminister die Einrichtung einer Konferenz, was mich und die Berater ähnlich gesinnter Parteien an die letzte internationale Polizeikonferenz gegen Anarchismus in den Jahren 1937 und 38 unter der Federführung von Heydrich und Himmler in Berlin erinnerte.

Bei genau dieser Veranstaltung in Den Haag gewährten die EU-Länder einander übrigens zum ersten Mal Zutritt in die Domäne ihrer Innenpolitik. Ein Durchbruch für die militärische Zusammenarbeit auf gegenseitigem Hoheitsgebiet. Einzig und allein unter diesen Voraussetzungen können wir nämlich unsere Außengrenzen an der Peripherie bewachen, und diese wie physische Organismen einer Außenhaut funktionieren lassen. Von dieser ging im Lauf der Zeit eine unbekannte fressende Kraft aus, gerichtet auf die klaustrophobischen „Außengrenzenländer“, beispielsweise Griechenland und Spanien. Obwohl es Spanien an einem Franco, diesem genialen Stammesoberhaupt des früheren Regimes mangelte, konnte es noch immer Expertentum auf dem Gebiet der inneren Sicherheit sein eigen nennen. Unter uns gesagt: Es war längst nicht mehr gegen politischen Terrorismus oder gegen Andersdenkende oder gegen eine Handvoll Separatisten, deren Kämpfer doch längst ausgerottet worden waren, oder gegen die Gegner eines vereinten Europas, die mittlerweile in die Fänge der sich nach unten drehenden Spirale unserer technisch perfekt ausgerüsteten Polizeieinheiten geraten waren, gerichtet. Wir hatten somit den Grundstein für einen neuen Sicherheitsdienst und eine Euro-Armee gelegt, um die Außengrenzen biologisch rein zu halten. Darum, und genau darum drehte es sich! Es ging um ein gemeinsames Haus Europa, das Nicht-Europäer, bedingt durch ideologisch-biologische Umstände, rechtlich und ökonomisch von unserem Lebensraum ausschließt. Und das der juristisch-historischen Retrospektive und administrativer Haarspalterei zum Trotz! Denn derartiges hatte uns lange genug getrennt und war der Einheit im Weg gestanden. Dank unserer supranationalen Registrierungssysteme war die Zeit gekommen, der Entartung „Halt“ zuzurufen, und den degenerierten Völkern und Menschentypen, die sich auf Grund der Erschöpfung ihrer Sorte und Lebensräume mit unseren unabhängigen Lebensformen vermischen wollten.

Seit Jahren werden alle Nicht-Europäer, Asylsuchende oder nicht, die aus einem Land ausgewiesen wurden, aus allen EU-Ländern ausgewiesen. Und das gilt für ihre Familie, Freunde und Bekannte. Meine Partei hat dafür gesorgt, daß alle jene, die Illegalen direkt oder indirekt Hilfe leisten, oder dies auch nur versuchen, mit entsprechenden Sanktionen zu rechnen haben. Alle, die diese Gesetze brechen, haben innerhalb der EU keinerlei Recht auf Schutz oder Asyl. Somit ist die Gleichschaltung der Datensysteme — was uns betrifft — ein Erfolg, und, — das versichere ich Ihnen — durch die Anzahl der sich im Umlauf befindlichen Daten, unumkehrbar. Es ist unserem Wahlerfolg zu verdanken, daß meine Partei in allen Kommissionen vertreten ist. Und meine Schlüsselposition in der Schengen-Informationszentrale bietet die außergewöhnliche Möglichkeit, in Europa einen frischen, fröhlichen Wind wehen zu lassen und eine wahrhaftig neue Ordnung zu installieren.

Aus dem Holländischen von Andrea Danmayr