FŒHN, Heft 21
 
1995

Beihilfe

Es gibt vier Sorten Journalisten, und alle viere haben ihren Anteil am Aufstieg Haiders: erstens die zeitgeistigen vom Schlage Basta, zweitens die konservativen vom Schlage Kurier, drittens die reaktionären vom Schlage Kronenzeitung und viertens die revolutionären. Alle helfen Haider. Letztere, indem sie nicht vorhanden sind. Die Reaktionäre, indem sie der asozialen Politik von Vranitzky und Co. den Boden bereitet haben. In einem ununterbrochenen Stafettenlauf haben Leute wie Rupert Kerer und Otto Schulmeister, Sebastian Leitner und Viktor Reimann, Ilse Leitenberger und Ingomar Pust, Hans Dichand und Hans Thür, Alfons Dalma und Eduard Peters Propaganda aus der Nazizeit ins Heute herübergerettet (den Negerhaß, den Serbenhaß, den Polenhaß, die Demokratiefeindlichkeit, ...). Mit diesem Dreck haben Generationen aufwachsen müssen, in solche Zeitungen war Salat eingewickelt („so artet der Strafvollzug aus in geschlossene Hotelurlaube“), mit solchen wurden nasse Schuhe ausgestopft („mit Auto und Pelzmantel anreisende ‚Flüchtlinge‘“), mit solchen wurde der Arsch geputzt („es wäre sicher zuviel verlangt von einem Juden“). Das Potential, das hier in der Bevölkerung angelegt ist, vermag ein Haider gar nicht annähernd auszuschöpfen. Wenn der Wirtschaftsresort-Chef der Tiroler Tageszeitung, Eduard Peters, schreibt, man hätte gerne einmal „aus Polen gehört, daß man gewillt sei, wieder das Arbeiten zu lernen“ (TT, 6.12.89) womit er dicht an die entsprechende Nazipropaganda anschließt, dann kann sich Haider da nur genüßlich anhängen: „Lech Walesa ist seit seinem Amtsantritt zum Präsidenten mehr breit als hoch geworden — das ist symbolisch für die Denkungsart, die dort herrscht.“ Und: „Drei Stunden Arbeit am Tag sind zu wenig.“ (Profil, 13.5.91) Die Rede ist hier nicht vom Gauturnblatt oder von der Deutschen Nationalzeitung, sondern von den sog. österreichischen Massenblättern. Das rassistische, antisemitische, fremdenfeindliche, frauenfeindliche, arbeiterfeindliche Klima ist nicht von den Azoren gekommen, es wurde hier in jahrzehntelanger mühsamer Kleinarbeit in hunderttausenden beschwerlichen Stunden an der Schreibmaschine von Hand gemacht.

Die Haidermacher, die Wegbereiter: Sie bringen ihn Stufe um Stufe nach oben!

Die Schmocks rümpfen die Nase über die Rülpser an den Biertischen. Sehen wir doch, wie diese Rülpser dorthinkommen! Immer wieder, immer noch. Heute besorgen den Nachschub Leute wie Staberl, Leitgeb, Jeannee, Markaritzer oder Schmidl. Weil es z.B. beim Kurier einen Schreibtischtäter Herwig Schmidl gibt, kann es z.B. im Parlament einen Rednerpulttäter Jörg Haider geben. Wenn jener schreibt, „das Arbeitsmarktsystem ist in unseren Tagen zum Faulbett der Schmarotzer verkommen“ (13.6.90), dann kann dieser getrost formulieren, es dürfe nicht für „Tachinierer, Faulenzer, Sozialschmarotzer“ Politik gemacht werden (Standard, 18.2.94), wenn der eine leitartikelt, „als Gesindelherberge ist Österreich nicht vorzusehen“ (8.4.90), kann der andere im Radio gegen den „Import von Kriminalität“ (Morgenjournal, 21.9.90) loslegen.

Haider könnte diese Fudern nie einfahren, wenn sie ihm nicht auf die Ladefläche geschaufelt würden.

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