Die Zukunft des Sozialismus
Vor einem Jahr, am 1. April 1960, starb Univ.-Doz. Dr. Benedikt Kautsky. Es bedarf keines Hinweises auf seine Bedeutung für die österreichische Publizistik sowie für die Theorie des humanistisch gestimmten nachmarxistischen Sozialismus, denn Kautsky ist unseren Lesern als einer der — zeitlich wie rangmäßig — ersten Mitarbeiter des FORVM erinnerlich. Es ist zu hoffen, daß sein literarischer Nachlaß, den Frau Gerda Kautsky-Brun betreut, durch eine Reihe von Publikationen in Kürze zugänglich wird; er umfaßt eine Essay-Sammlung zur Weltpolitik, eine „Wirtschaftsgeschichte als Weltgeschichte“ (auf Grund von Skripten nach seinen Vorlesungen) sowie eine auf 200 Seiten gediehene Biographie August Bebels; auch eine Neuauflage seines Berichtes aus dem Konzentrationslager, „Teufel und Verdammte“, steht bevor. Wir veröffentlichen im folgenden einen autorisierten Auszug aus dem nachgelassenen Manuskript „Programm und Wirklichkeit“, die Einleitung zu einem geplanten Kommentar über das neue SPÖ-Programm. — Wir glauben im Sinne Kautskys zu handeln, wenn wir seinem Manuskript den Beitrag des jungen sozialistischen Publizisten Norbert Leser folgen lassen, welcher im FORVM (VII/83) bereits zu Wort kam und dessen Gedankenführung zeigt, wie weit die von Kautsky betriebene theoretische Klärung in der SPÖ unterdessen fortgeschritten ist, sowie einen Beitrag von Ludwig Reichhold, dessen tiefgreifende Kritik der sozialistischen Arbeiterbewegung zugleich eine bemerkenswerte, sachliche Würdigung enthält. Reichhold steht im Lager des sozialreformatorisch gesinnten Katholizismus; er ist Redakteur des „Kleinen Volksblattes“, Wien, und Autor einer zweibändigen „Geschichte der europäischen Arbeiterbewegung“.