Grundrisse, Nummer 41
März
2012

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser!

diese Ausgabe besitzt ausnahmsweise keinen Schwerpunkt sondern es erwartet euch ein bunter Reigen von Artikeln zu den unterschiedlichsten Themen: von der un-amerikanischen Occupy Bewegung über das Verhältnis des Marxschen Denkens zur Ethik des Spinoza, die ambivalente Rolle neuer kreativer Schichten für die Umgestaltung der Städte und Reflexionen über Rolle und Bedeutung Chinas bis zur Märzrevolution 1920 in Deutschland sowie der Frage des Klassenbewusstseins reicht der Bogen. Ein Rezensionsessay zum soeben auf Deutsch erschienen Hauptwerk von Harry Cleaver sowie zwei Buchbesprechungen beschießen diese Ausgabe. Die Vielfalt der Themen lässt hoffen, dass zumindest einige Texte in dieser Ausgabe sind, die euer Interesse erwecken.

Für die nächste Ausgabe haben wir wieder einen Schwerpunkt geplant. Darüber informiert unser Call for Papers, den ihr im Anschluss an dieses Editorial findet. Wir appellieren vor allem an unsere weiblichen Leserinnen, sendet uns Texte, überlasst nicht den Männern das Feld! Wenn das Geschlechterverhältnis zwischen den männlichen und weiblichen Autoren sich verbessern soll — was wir uns alle wünschen — so sind wir dabei auch auf euer Engagement angewiesen.

Abschließend wollen wir noch auf den Textkasten „Wir suchen RedakteurInnen!“ hinweisen. Es können und sollen sich auch Personen an der Redaktion beteiligen, die nicht am Ort der Herausgabe, sprich in Wien wohnen. Auf weitere zehn Jahre grundrisse!

Viel Freude bei der Lektüre sowie einen erfüllten und kämpferischen Frühling wünscht euch

eure grundrisse Redaktion!

Wir suchen RedakteurInnen!

Nach zehn Jahren Produktion, der Lektüre von über vierhundert Artikeln und ca. zweihundert Buchbesprechungen, etwa hundertachtzig Redaktionstreffen und der Organisation zahlreichen Veranstaltungen wollen so manche aus der Redaktion in die zweite Reihe zurücktreten. Keine Sorge, die grundrisse werden erscheinen wie immer. Aber ein Wechsel tut not: Wir suchen daher dringend Personen und Gruppen, die die Verantwortung für die Herausgabe unserer Zeitschrift übernehmen wollen. Wir werden selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite stehen, um so eine reibungslose Übergabe zu gewährleisten. Meldet euch – wir meinen es ernst!

Call for Papers: Rethinking personalisierte Kapitalismuskritik

Wir geben es zu: In diesem Aufruf schwingt ein wenig Ironie und eine Prise Provokation mit. Denn oftmals wird Kritik an den Verhältnissen, die konkrete Personen und ihr Tun einschließt, mit allerlei abwertenden Bemerkungen bedacht. Von verkürzter Kapitalismuskritik ist dann die Rede, von Unwilligkeit oder gar Unfähigkeit, strukturelle und objektive Bedingungen zu erkennen, die allen – auch und gerade den Herrschenden – ihr Handeln aufzwingen würden. Wir halten dagegen: Zweifellos stehen auch die herrschenden Klassen unter Bedingungen, die sie nicht geschaffen haben, sondern als gesellschaftlich geltend vorfinden. Doch das ist nur die eine Hälfte der Geschichte. Denn es gibt sie tatsächlich, die Kalküle und Entscheidungen, die Strategien und Maßnahmen der Staatsführungen, der KapitalbesitzerInnen, der kleineren und größeren Apparate und Institutionen. Niemand hängt wie eine Marionette an den Fäden objektiver Gesetze und geltender Institutionen, die Herrschenden so wenig wie die Beherrschten. Angesichts der massiven Aktivitäten der herrschenden Klassen in allen Bereichen des sozialen Lebens – der Bogen reicht von militärischen Interventionen, finanztechnischen Maßnahmen und Neustrukturierungen des Ausbildungssektors bis hin zu ideologischen, gesetzlichen und sozialtechnischen Maßnahmen zur Verschlechterung der Lebenslagen der Menschen – ist es methodisch und analytisch dringend erforderlich, ihre Kalküle als das zu erkennen, was sie sind: bewusste Interventionen, um Klassenherrschaft zu festigen und Widerstand zu zerstreuen. Soziale Herrschaft ist ohne soziale TrägerInnen undenkbar. Die Krise geschieht nicht einfach, sie wird gemacht und genutzt. Wer gegenwärtig nur ein automatisches Subjekt Kapital am Werk sieht – ein Subjekt ohne Willen und Bewusstsein –, dem möchten wir eine Verszeile aus einem Bob Dylan Lied entgegenhalten: „And something is happening here, but you don’t know what it is, do you, Mister Jones?“ Eine emanzipatorische Perspektive kann nicht umhin, sich darüber zu verständigen, was denn tatsächlich gegenwärtig geschieht. Die Einbeziehung der Analyse der tatsächlichen realen personellen Herrschaft ist dafür unumgänglich. Wir würden uns daher auch über Beiträge freuen, die versuchen, Kapitalismuskritik mit persönlichen Erfahrungen bei der Arbeit, beim AMS, an der Universität, in Krankenhäusern oder bei Behörden zu verbinden. In diesem Sinne hoffen wir auf eure Beiträge bis zum 30. April 2012, Texte bis zu 40.000 Zeichen an redaktion@grundrisse.net sind willkommen.

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