Heft 6/1999
Dezember
1999

Liebe Leserin, lieber Leser!

Trotz der schlafwandlerischen Sicherheit, mit der die FPÖ Tuberkulose-Fälle mit Menschen ohne österreichischen Paß in Verbindung bringt und AusländerInnen dadurch ohne Umschweife als Viren- und Bakterienschleudern erscheinen läßt; trotz der Forderung nach verpflichtenden Aids-Tests für AusländerInnen und für nicht näher definierte Randgruppen; trotz der Forderung nach einer sogenannten A-Card für AusländerInnen, die diesmal ausnahmsweise ein Sozialdemokrat, der ansonsten im Bereich der Medieninszenierung dem Führer der österreichischen Widerstandsbewegung nacheifernde Andreas Rudas, treffend als „Apartheid-Card“ bezeichnet hat; trotz alldem ist es immer schwieriger, noch etwas Neues zu Haider und den Freiheitlichen zu sagen. Dennoch kann und will auch Context XXI über das Wahlergebnis, die Koalitionsverhandlungen und die damit verbundenen Diskussionen nicht einfach hinweggehen. Wie von alleine hat sich das Hauptaugenmerk dabei aber nicht auf Haider selbst, sondern auf die KritikerInnen der Haiderei gerichtet. So unversöhnlich die Kritik an den KritikerInnen dabei im einzelnen ausgefallen sein mag — sie hofft doch auf die Einsicht der Kritisierten. Gerade jenen gegenüber, mit denen einen zumindest ein partielles gemeinsames Anliegen verbindet, ist in der Sache die Zuspitzung der Kritik notwendig.

Wo in dem Heft nicht Kritik an den KritikerInnen geübt wird, sondern an der FPÖ selbst, waren wir gezwungen, die eine oder andere Wortwahl unserer AutorInnen zu korrigieren — nicht weil sie unzutreffend gewesen wäre, sondern weil wir uns und unseren AutorInnen aus rechtlichen und finanziellen Gründen zur Zeit nicht erlauben können, in allen Punkten genau das zu schreiben, was sie oder wir für wahr halten. In einer Gesellschaft, in der nicht nur jedes Bedürfnis bloß dann befriedigt werden kann, wenn es in ein allgemeines Äquivalent übersetzbar ist, sondern in der auch so dumpf anmutende Phrasen wie „Wer das Geld hat, hat die Macht“ eines gewissen Wahrheitsgehalts nicht entbehren, sind wir auf eine merkliche Verbesserung unserer finanziellen Situation angewiesen, bevor wir uns und unseren AutorInnen erlauben können, vor jedes Substantiv auch das entsprechende, nicht euphemistische Adjektiv zu setzen. In den beiden letzten Heften von Context XXI haben Hannes Hofbauer und Uli Krug ihre Sicht des Jugoslawienkrieges dargelegt. Da der Waffengang am Balkan noch keineswegs beendet ist, versuchen wir auch in dieser Nummer mit Robert Foltins Beitrag an die Auseinandersetzung über die Kriegsgründe anzuknüpfen, während sich Tjark Kunstreich nochmals mit jener Lüge auseinandersetzt, die in offiziellen Verlautbarungen insbesondere in jenem Land als Kriegsgrund ausgegeben wurde, in dem man mit militärischen Angriffen auf Jugoslawien in diesem Jahrhundert schon einige Erfahrung hat. Was bei der Bombardierung jugoslawischer Städte noch als Kollateralschaden durchging, mutiert im Fall der ebenfalls nicht zimperlichen Bekämpfung der tschetschenischen Freunde der islamistischen Volksgemeinschaft durch die russische Armee in den westlichen Medien zusehends zu einem zivilisations- und menschenrechtsfeindlichen Akt — eine Einschätzung, die bereits einen zukünftigen Kriegsgrund für die Zerschlagung Rußlands liefern könnte.

Während in den westlichen Demokratien Herrschaft mittels verbindlicher Rollenaufteilungen organisiert ist, tendieren insbesondere Elendsverwaltungsökonomien dazu, die formale Trennung zwischen Politik und Militär immer mal wieder aufzuheben. Naeem Khan beschreibt das aus aktuellem Anlaß am Beispiel Pakistans.

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