Heft 1/2000
Februar
2000

Liebe Leserin, lieber Leser!

Auf die FPÖ ist Verlaß. Kaum hatten wir Ende letzten Jahres unsere gemeinsam mit der Grünen Bildungswerkstatt Wien und dem Grünen Rathausklub organisierte Veranstaltung zu „Dealerparanoia und Rassismus“ angekündigt, hagelte es auch schon Presseerklärungen und Stellungnahmen in den parteieigenen Medien. Da die Proteste der FPÖ gegen unsere Veranstaltung einer gewissen Komik nicht entbehren, wollen wir sie, auch wenn das Ganze nun schon etwas zurückliegt, unseren Lesern und Leserinnen nicht vorenthalten. Besonders erregt hat die Lustfeinde von der FPÖ der im Anschluß an die Referate offerierte Imbiss. Es sei ungewiß, „was in den Keksen, Kuchen und Torten des Dealerparanoiabuffets denn so alles eingebacken worden ist“. Die Fanatiker der inneren Sicherheit empfahlen der Staatsgewalt, die Veranstaltung „zu beobachten und dann zuzuschlagen“. Auch zur Legitimation für die realen Rexe mußte unser Versuch, ein wenig zur Reflexion des Zusammenhangs von Rassismus, sogenannter Organisierter Kriminalität und Hetze gegen Drogen und DealerInnen beizutragen, herhalten. Die Veranstaltung eigne sich hervorragend für die Schulung von Suchtgifthunden, da „sowohl Buffet als auch Zuhörerschaft fette Beute für den ausgeprägten Geruchssinn unserer vierbeinigen Kommissare“ verspreche. Mit ihrem geradezu pathologischen Reflex auf unsere Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema „Dealerparanoia“ hat die FPÖ die Berechtigung des Veranstaltungstitels nochmals bestätigt.

Mittlerweile sitzt die FPÖ in der Regierung und hat die Möglichkeit, ihre Paranoia in materialisierte Gewalt in Form von Gesetzen und Verordnungen umzusetzen. Daß die Politik der Freiheitlichen jedoch nicht das genaue Gegenteil der bisherigen Regierungspraxis ist, daß die faschistoide Programmatik und Propaganda von Haider & Co die Demokratie zwar transformieren, aber nicht abschaffen will, und daß sich die Kritik bei aller Bewußtheit über die konkreten Bedrohungen, die sich aus der Koalition von SS-Lobrednern und Dollfuß-Anhängern ergibt, nicht auf den Kampf gegen die F-Partei beschränken darf, sondern die unerträgliche gesellschaftliche Normalität in diesem Land, aus der heraus der Aufstieg der Freiheitlichen erst verständlich wird, ins Visier nehmen muß, haben in der letzten Nummer von Context XXI bereits mehrere Autoren und Redaktionsmitglieder dargelegt. Auf Grund dessen und angesichts der auch in anderen Publikationen bereits erschienen Beiträge zu diesem Thema haben wir für diese Nummer von Context XXI auf ausführliche Artikel zur FPÖ verzichtet. Dennoch stehen auch in diesem Heft Themen im Mittelpunkt, die bei der Diskussion über die Haiderei und die Gesellschaft, aus der sie erwächst, zentral sind: die Art des Umgangs mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Österreich und Deutschland sowie der Antisemitismus.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen scheint uns ein Hinweis auf eine Debatte sinnvoll, die in der Vorgängerzeitschrift von Context XXI stattgefunden hat. In den Nummern 1/98 bis 4/98 der ZOOM entwickelte sich eine kontroverse und grundsätzliche Diskussion zur Gewalt und ihrer Bedeutung im emanzipativen Prozeß. In der gegenwärtigen Situation, in der die Forderung nach Gewaltfreiheit an die praktischen Kritiker und Kritikerinnen der Herrschaft gerichtet wird und nicht an die in Kampfanzügen auftretende, mit Helmen, Schildern, Schlagstöcken, Tonfas, Tränengas, Wasserwerfern und Pistolen ausgerüstete Staatsgewalt, würden wir uns ein Anknüpfen an diese Diskussion wünschen. Eine Anregung dazu hoffen wir mit dem kurzen Kommentar von Alex Gruber und Florian Ruttner geben zu können.

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