Wurzelwerk, Wurzelwerk 4
September
1981

Monokultivierung — Mischkulturanbau

Zur geschichtlichen Entwicklung

Die Vorzüge der in Land- und Forstwirtschaft gebräuchlichen Monokulturen erwiesen sich in den letzten Jahren als immer fragwürdiger. Sie entsprechen nur rein ökonomischen Überlegungen und werden den ökologischen Erfordernissen eines Landschaftstyps und letztlich den darin lebenden Tiergemeinschaften nicht gerecht.

Eine fortschreitende Technisierung brachte auch der Land- und Forstwirtschaft mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts eine rentablere Bodennutzung.

Durch den verstärkten Einsatz mehr und immer größerer Maschinen zur Bodenkultivierung, Saat, Düngung und Ernte wurden zum einen die Erzeugerkosten gesenkt und damit der stetig wachsende Bedarf der Bevölkerung an landwirtschaftlichen Erzeugnissen gedeckt, zum andern aber auch ein immenser Teil an Arbeitskräften freigesetzt (wegrationalisiert). Durch die in den letzten Jahren rapide gestiegenen Preise für Betriebsstoffe (Öl, Benzin, etc.) bringt der verstärkte Maschineneinsatz nun in der Monokultivierung einen erheblichen Preisauftrieb der landwirtschäftlichen Produkte.

Die wichtigsten Voraussetzungen für diese „grüne Revolution“ waren die Entdeckung der Zusammenhänge zwischen mineralischen Nährstoffen (Stickstoff, Phosphor, Kalium, Calcium, Eisen, Magnesium etc.), der Nährstoffaufnahme, Wachstum und Ertragsleistung der Pflanze — dies führte zu Entwicklung und Einsatz des Mineral- oder Kunstdüngers.

Die intensivere Einbeziehung von Brache und Fruchtwechsel erlaubte Kulturböden eine natürliche Regeneration und wirkte der Auszehrung ihrer Nährstoffe entgegen. Zum weiteren führten auf dem Gebiet der Artenzucht neue Ergebnisse zu ertragreicheren, schädlingsresistenteren und klimatisch angepaßteren Sorten.

Ein weiterer Schritt zur Steigerung der Produktivität war die Zusammenlegung der durch Erbfolge zersplitterten Felder und Wiesen (Flurbereinigung) zu großen Ertragsflächen, die durch maschinellen Einsatz effektiver zu bewirtschaften waren. Zahlreiche kleinere Ökosysteme mit ihrer spezifischen Flora und Fauna, die Biotope von Wegrändern, Böschungen, Feuchtwiesen und geschlossener Rainhecken fielen der Rodung zum Opfer.

Auch die Entwicklung chemischer Schädlingsbekämpfungsmittel führte über den vorbeugenden Pflanzenschutz zur Ertragssteigerung. Die Resistenz vieler Schadinsekten führten allerdings zu immer höheren Dosierungen und Anwendung stärkerer, schwer abbaubarer Gifte.

Ökologische Schädigungen durch Monokultivierung — Vorzüge des Mischwaldes und Mischkulturen

Die Erschließung neuer Ertragsflächen und der Anbau einer einzigen Pflanzenart auf begrenztem Raum brachte nicht nur intakte Ökosysteme wie Wald, Bach- und Flußläufe erhebliche Störungen bzw. im Extremfall ihre Vernichtung, sondern über mittel- und langfristige Korrelationen erhebliche volkswirtschaftliche Schädigungen. Am Beispiel der Forstwirtschaft wollen wir versuchen, dies aufzuzeigen:

Ein geschlossener, über viele hundert Hektar ausgedehnter Anbau der schnell wachsenden Fichte bringt Waldgebieten nicht nur optische Monotonie, sondern fördert — durch das reichhaltige Nahrungsangebot — auch die Ausbreitung ihrer spezifischen Schädlinge. In Mischwäldern wird die Ausbreitung dieser Schädlinge durch ein weit verstreutes Nahrungsangebot eingegrenzt.

Die monotone Fichtenschonung zeichnet sich durch spärliche Tier- und Pflanzengemeinschaften aus. Außer wenigen Farnen, Pilzen und Moosen bleibt die Kultur verarmt. Zum einen verhindert eine dicke Nadelstreuschicht das Aufkommen eines dichten artenreichen Unterholzes, zum anderen die geschlossene Kronschicht günstige Lichtdurchflutungen, Wind- und Luftzirkulation und optimale Verteilung des Regenwassers. Die ätherischen Öle der Nadeln verhindern das schnelle und gleichmäßige Eindringen des Regens in den Waldboden. Weiterhin verrotten Nadeln äußerst schlecht. Mit aus dem Grund, weil dem chemisch übersäuerten Boden die Artenvielfalt an Insekten, Würmern und die zur Humusbildung notwendigen Mikroorganismen fehlen.

Da jede Tierart erhebliche Ansprüche an ihren Lebensraum, vor allem die Flora stellt, die ihr optimales Nahrungsangebot, Brut- und Aufzuchtplätze, Flucht- und Deckungsmöglichkeiten bietet, werden Monokulturen weitgehenst gemieden. Ein zusätzlicher Grund der Artenarmut ist der Einsatz chemischer Schädlingsbekampfungsmittel.

Eine weitere Gefahr ist, daß der Boden nicht durch ein tiefgreifendes, vertikal gestaffeltes Wurzelwerk erschlossen, befestigt und durchgearbeitet wird. Die Fichte zählt zu den Flachwurzlern. Die funktionale Lücke wird in der Monokultur nicht durch andere Pflanzenarten geschlossen. Hier bleibt die Wurzelsohle relativ flach, während sie in Mischwäldern viele Meter tief ist. Durch ein reichhaltiges Angebot an bodendeckenden Pflanzen im Mischwald wird die Krümelstruktur, Durchwurzelung der obersten Erdschicht, Humusbildung, Wasserspeicherkapazität und günstige Verteilung des Regenwassers gefördert. Die Wasserspeicherkapazität ist somit in Fichtenkulturen erheblich niedriger als im gesunden Mischwald. Dies hat zur Folge, daß die Verdunstungsrate durch pflanzliche Transpiration und Oberflächenverdunstung vermindert und der Grundwasserspiegel negativ beeinflußt wird, Fichtenkulturen sind deshalb besonders anfällig für lange Trockenperioden. Die Waldbrandgefahr wird erhöht durch die niedrige Wasserspeicherkapazität. Zudem neigen Nadelhölzer — gerade in dieser Kultivierungsdichte — zur schnellen Entflammbarkeit. Da die Fichte ein Flachwurzler ist, ist sie auch durch Sturm besonders gefährdet. An Kahlschlägen (Brand- und Wegschneisen, Lichtungen, Waldrändern und Straßen) finden Stürme genügend Angriffsfläche und können reihenweise das durch fehlendes Unterholz ungeschützte Stangenholz entwurzeln. In Verbindung mit starken Regenfällen kommt es zur Bodenerosion.

Trockenes, durch Windbruch zersplittertes Geäst und Stämme erhöhen wiederum die Waldbrandgefahr.

Der erwerbsmäßige Anbau gleichaltriger Bäume führt zu einer wachsenden Vergreisung der Kultur, d.h. es wachsen nicht genügend junge Bäume nach, die zu einer altersmäßigen Aufungung des Waldes führen.

Ökonomische Schädigungen

Ökonomische Schäden treten erst mittel- und langfristig in Erscheinung. Durch die Dezimierung natürlicher Schädlingsbekämpfer durch die Verwendung von Giften und umfangreiche Kulturlanderschließungen wird der verstärkte Einsatz von Giften in Monokulturen erforderlich. Erwähnt sei als Beispiel, daß ein Meisenpaar mit Nachkommen im Jahr ca. 4,5 Zentner Schädlinge vertilgt. Damit wird klar, welche Giftmengen aufgewendet werden müssen, um den gleichen Effekt zu erzielen.
Ein weiterer Aspekt ist, daß viele schwer abbaubare Gifte über die Nahrungskette bis in die Menschliche Nahrung gelangen können. In dem vorhergehenden Beispiel der Fichtenmonokultivierung entstehen erhebliche betriebs- und volkswirtschaftliche Kosten durch Sturmschäden, Waldbrände und Schädlingsfraß bzw. durch vorbeugende Maßnahmen. Wie bereits erwähnt ist die Wasserkapazität der Monokultur reduziert und der Grundwasserspiegel ungünstig beeinflußt. Dies schafft Mehrkosten bei der Gewinnung von Trinkwasser durch Bohr- und Brunnenbaumaßnahmen sofern es nicht aus Seen und Flüssen gefördert werden kann.

Die [durch] verstärkte Mineraldüngung in der Landwirtschaft anfallenden Phosphate werden durch Regenausschwemmung in erheblichem Umfang in Flüsse und Seen abgeführt. Durch verstärkten Algenwuchs und die dadurch resultierende Sauerstoffaufzehrung in Fäulnisprozessen werden die Biotope und die Wasserqualität dieser Systeme stark belastet. Bei der Wasserentnahme und -aufbereitung fallen Mehrkosten an.

Ein wesentlicher Faktor ist der Erholungswert einer intakten Ur-Landschaft für den Menschen selbst und ihre eigene Regenerationskraft: Bindung von Staub und Schadstoffen in der Luft, Sauerstoffanreicherung, Verbesserung und Erhaltung des regionalen Klimas, günstige Beeinflussung von Niederschlagsmengen, Verdunstungsraten, Grundwasserhaushalt, Windströmungen, Temperaturniveau und Luftkonvektionen.

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