Staatsschiffchen mit Schlagseite
Das Österreichische Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik wurde 1997 erstmals bei Styria verlegt. Gäbe es Quellenhinweise, wo die Aufsätze des Sammelbandes zuvor bereits erschienen sind, wäre die Lektüre etwas leichter. Viele der Aufsätze nämlich sind schon in der Österreichischen Militärischen Zeitschrift veröffentlicht worden. Manche sind bereits in der Zeitschrift für Politikwissenschaft und der Zeitschrift für Internationale Politik oder den Deutschen Blättern publiziert worden. Nur wenige Texte scheinen speziell für dieses Jahrbuch verfaßt worden zu sein.
Neu ist die Analyse Heinrich Schneiders zur Entwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik im Lichte der Amsterdamer Verträge. Hier wird deutlich gemacht, daß der Vertrag von Amsterdam für die Sicherheitspolitik der EU ein durchaus kleiner Schritt war: ein Schrittchen, das aus den widersprüchlichen nationalen Interessen resultierte. Gleichzeitig versäumte Schneider nicht, große Pläne für eine EU-Weltmacht einzumahnen und zu propagieren.
Darüber hinaus sind die Beiträge des Bandes zu regionalen Sicherheitsfragen nicht uninteressant. Hier werden Analysen zu den baltischen Staaten, der Maghreb-Region, der Türkei, Indien und China vorgelegt, die einen Blick über den Tellerrand der bornierten Diskussion zur europäischen Sicherheitspolitik ermöglichen. Dem Herausgeber Dr. Erich Reiter ist die politische Parteilichkeit des Jahrbuches geschuldet, die dem Staatsschiffchen eine deutliche Schlagseite Richtung NATO geben will. Solche Bände, die im wissenschaftlichen Gewande der NATO das Feld bereiten wollen, werden ob der Plumpheit ihres Anliegens dazu wenig beitragen.
Hg.: Erich Reiter, Österreichisches Jahrbuch für Internationale Sicherheitspolitik 1997, Graz-Wien-Köln 1997, Verlag Styria, 475 S., öS 398,—