Heft 7-8/2001 — 1/2002
Februar
2002

Zur politischen Betätigung eines Professors

Dr. Lothar Höbelt, außerordentlicher Professor für Neuere Geschichte an der Universität Wien, beschränkt seine politische Betätigung nicht auf das Verfassen freiheitlicher Programmschriften und Parteigeschich­ten. Er bewegt sich seit Jahren vielmehr auch im engen Raum zwischen FPÖ und NS-Verbotsgesetz. Zuletzt sorgte im November 2001 ein Treffen eu­ropäischer Rechtsextremer auf Burg Kranichberg/NÖ, bei welchem Höbelt ein Referat hielt, für mediale Aufmerksamkeit. Dazu eingeladen hatte das rechte Wochenblatt Zur Zeit, das den Herrn Professor zu seinen Ko­lumnisten zählt. Gekommen waren u.a. Filip Dewinter (Vlaams Blok), Bruno Megret (MNR) und István Csurka (MIEP).

Es war vor allem die Einladung des wütenden Antisemiten Csurka, die (international) für Aufregung sorgte. Zu Recht, wie ein Blick auf Csurkas jüngste Ausfälle beweist. So liest sich sein Kommentar zu den Terroranschlägen vom 11. September wie ein dazugehörendes Bekennerschreiben: „Die unterdrückten Völker der Welt konnten nicht die Erniedrigung durch die Globalisierung, die Aus­beutung und den in Palästina planmäßig durchgeführten Völkermord ohne einen Antwortschlag erdulden.“ Beim völkischen Treffen auf Burg Kranichberg soll Csurka laut Agenturmeldungen diese Aussage wiederholt haben, ohne dabei auf Widerspruch gestoßen zu sein. Ein Stellvertreter Csurkas an der Spitze der rechtsextremen MIEP schrieb unlängst über Juden und Jüdinnen: „Vom Ufer des Jordans kommen sie wieder an das Ufer der Donau, um noch einmal den Ungarn einen Fußtritt zu geben. Deswegen höre du Ungar die einzige zum Leben führende Botschaft im 1000. Jahr des christlichen ungarischen Staates: Wirf sie hinaus! Denn wenn du es nicht tust, dann werden sie es mit dir tun.“

Dass sich die Zur Zeit-Mannschaft am Antisemitismus Csurkas und seiner Partei nicht stößt, überrascht bei einem kurzen Blick in dieses Blatt nicht. So wurde dort schon mal die mittelalterliche Ritualmordlegende, nach welcher Juden Christenkinder ermordet und mit ihrem Blut magische Rituale vollzogen haben sollen, wieder aufgewärmt. Ein Zur Zeit-Autor wurde sogar wegen Holocaust-Leugnung nach dem NS-Verbotsgesetz verurteilt. Das dennoch von der FPÖVP-Regierung mit mehr als ATS 800.000 geförderte Blatt wird von Andreas Mölzer mit­herausgegeben und redigiert. Mit dem vormaligen Haider-Berater verbindet Höbelt, der sich abwechselnd als „alter Reaktionär“ und „National-Liberaler“ bezeichnet, eine langjährige gemeinsame publizistische Tätigkeit. So gaben die beiden (gemeinsam mit Brigitte Sob) 1994 das „Jahrbuch für politische Erneuerung 1995“ des Frei­heitlichen Bildungswerkes heraus. In diesem erschien ein wüst antisemitischer Artikel des damals in Deutsch­land lehrenden Politologen Werner Pfeifenberger. Dieser sinniert dort über das „Einsickern des orientalischen (jü­dischen) Messianismus“ in das Abendland. Seit damals bestimme ein Kampf zwischen „Internationalisten“ und „Nationalisten“ die Geschichte, wobei Pfeifenberger hinter ersteren die obligate jüdisch-freimaurerische Welt-Verschwörung zu erkennen glaubt. Über die „Bedeutung der Sowjetjuden für die bolschewistische Revolution“ schreibt er: „In der Tat betrug die jüdische Bevölkerung der Sowjetunion am Ende des Ersten Weltkrieges nur 1,77 Prozent, ihr Anteil unter den bolschewistischen Funktionären, bis hinauf zu Geheimdienstchefs und Politbureau-Mitgliedern, aber rund 40 Prozent. Die ersten namhaften Organisatoren der damals schon besonders blu­trünstigen Tscheka (...) waren jüdischer Herkunft.“ Dem Nationalsozialismus attestiert Pfeifenberger, es sei „nicht unlogisch“ gewesen, die beiden Erscheinungsformen des „Internationalismus“, nämlich „Kapitalismus und Kommunismus als nur zeitweise verfeindete Komplizen gegen den Nationalstaat zum zentralen gemeinsamen Feind zu stempeln.“ Auch habe dieser eine „nationalsozialistische Gesellschaft“ geschaffen, „in der die nationale Volks- und Wertegemeinschaft den Klassenkampf erübrigte und die sozialistischen Ziele im wesentlichen fried­lich (wenn auch nicht ‚demokratisch‘) verwirklichte.“ Dann wärmt Pfeifenberger die alte NS-Legende von der jü­dischen Kriegserklärung gegen das „Dritte Reich“ auf: „Die ‚antikapitalistische Sehnsucht‘ (Gregor Strasser) der Nationalsozialisten, ihre bedrohliche Unterscheidung zwischen ‚raffendem‘ und ‚schaffendem‘ Kapital (Gottfried Feder) und die Möglichkeit eines eurasischen wirtschaftlich-politischen Kontinentalblockes, der von ausländischen Krediten unabhängig sein würde und solcherart den weltweiten Machtanspruch der interna­tionalen Geldleiher in Frage stellte, lösten bei diesen schrillen Alarm aus. (...) Da der innerstaatliche Konflikt in Deutschland — teils ethnisch bewußt, teils bedingt durch die starke jüdische Mitgliedschaft in internationalistischen Gremien — zu einem Kampf zwischen Deutschen und Juden entartete, der vom politischen Sieger auch nach der Machtübernahme auf staatlicher Ebene fortgesetzt wurde, ist es erklärlich, daß die Verlierer ihn auf die zwischen­staatliche Ebene verlagerten, wo sie sich stärker fühlten. Außenpolitisch sollten die Internationalisten schließ­lich auch siegreich bleiben.“ Die Ausfälle gipfeln in der Behauptung, „daß ‚Judea‘ (...) kurz nach Amtsantritt der nationalsozialistischen Regierung, nicht nur dieser, sondern ganz Deutschland den Krieg erklärte.“

Bis heute ist übrigens eine Distanzierung Höbelts von diesen Ausfällen unterblieben. Überhaupt scheint der Herr Professor keine Berührungsängste gegenüber dem organisierten Rechtsextremismus an den Tag zu legen. So referierte er 1993 beim Verein Dichterstein Offenhausen, welcher ein paar Jahre später wegen Verstößen gegen das NS-Verbotsgesetz endlich behördlich aufgelöst worden ist. Dass sich Höbelt von derartigen Konflikten mit einem zentralen Bestandteil der österreichischen Verfassung nicht abschrecken lässt, beweist seine bis 2000 anhaltende Autorenschaft in der rechtsextremen Aula: Deren „Schriftleiter“ wurde 1995 wegen Holocaust-Leugnung nach dem NS-Verbotsgesetz verurteilt.

Ende 1998 finden wir Höbelt unter den Autoren des im rechtsextremen Arndt-Verlag erschienenen Sam­melbandes „Wagnis Wahrheit", einer Festschrift für den britischen Holocaustleugner David Irving. Auch dieser kam wiederholt mit den Behörden in Konflikt: So wird der britische „Revisionist“ in Österreich wegen Verdach­tes wegen Verstoßes gegen das NS-Verbotsgesetz per Haftbefehl gesucht 1996 bestätigte das Verwaltungsgericht München die unbefristete Ausweisverfügung für Deutschland. Damit hat Höbelt offenbar auch keine Probleme:

Schließlich würden „historische Diskussionen, die durch den Kadi entschieden würden, nur auf das Staatswesen zurückgehen.“ Von dem „halte er eh nicht viel“, wie der Professor der Tageszeitung Der Standard freimütig er­klärte. Daher würde auch der Haftbefehl „eher für Irving und gegen jene, die das gegen den Wissenschaftler ma­chen“, sprechen. Über den Arndt-Verlag weiß Höbelt nichts. Er hält ihn für eine Briefkastenfirma. Vielleicht hätte der Historiker im deutschen Verfassungsschutzbericht 1996 nachschlagen sollen: Dort ist der Verlag in Schleswig-Holstein einschlägig genannt. Zum Verlagsprogramm „gehören Bücher, in denen die deutsche Kriegs­schuld geleugnet und die nationalsozialistischen Verbrechen relativiert werden.“ Gegen den dem Verlag an­geschlossenen Arndt-Buchdienst ist ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen des Verdachts der Volksverhetzung (§ 130 StGB) anhängig. Dass laut einem Buchbeitrag das „KZ Buchenwald bis 1945 eine ‚Sommerfrische‘ ge­gen das ab 1945“ gewesen sein soll, dürfte den freiheitlichen Historiker auch nicht stören. Höbelt zum Standard: „Man muss sich ja nicht mit allem identifizieren, wenn man in einer Festschrift schreibt.“

1998 hielt Höbelt beim 150. Stiftungsfest der Münchener Burschenschaft Danubia den Festvortrag. Diese dem harten Kern der deutsch-österreichischen Burschenschafterszene zuzurechnende Verbindung machte im Juni 2001 wieder von sich reden: Am 13. Januar 2001 fielen fast 50 Neonazis und Skinheads in München über einen Griechen her und prügelten ihn fast zu Tode. Der rassistische Überfall erfolgte im Anschluss an eine Geburtstagsfeier, die von einem Danuben mitorganisiert worden war. Und der mutmaßliche Haupttäter wurde nach der Tat von einem anderen Burschenschafter (Teutonia, Regensburg) im Haus der Danubia versteckt. Von dort tauchte er am nächsten Tag in den Untergrund ab. Mittlerweile wartet er in Haft auf seinen Pro­zess, die Anklage lautet auf versuchten Mord.
Während Höbelts politische Betätigung im organisierten Rechtsextremismus die Universitätsbehörden und seine KollegInnen kaum zu interessieren scheint (eine systematische Ignoranz, die wohl einen Grund im „un­politischen" Selbstverständnis von WissenschafterInnen hat), zog sich der Historiker wiederholt fachliche Kritik zu. So kam es im September 1992 im Rahmen eines Seminars am Germanistikinstitut der Londoner Universität zum Eklat, nachdem Höbelt dort die ÖsterreicherInnen zu „ethnische(n) Deutsche(n)“ erklärt hatte. Der britische Historiker Robert Knight meinte dazu: „Hinter der Behauptung, Österreich sei Teil der deutschen Nation, steckt das ideologische Bekenntnis zum Nationalsozialismus.“

1994 wurde der freiheitliche Historiker vom ORF der Manipulation filmischer Dokumente überführt. Dass im unter seiner wissenschaftlichen Verantwortung hergestellten FPÖ-Propagandavideo „So herrschen sie“ ein am Heldenplatz den „Anschluss“ mit Hitlergruß feiernder Mann fälschlicherweise als der spätere Kanzler Raab identifiziert worden war, stellte für Höbelt bloß einen „filmischen Gag“ dar.
Anfang 1996 sorgte Höbelt, dessen Habilitationsschrift 1991 mit nur einer Stimme Überhang anerkannt wor­den war, mit seiner Gleichsetzung von SS und den „Kinderfreunden der SPÖ“ im Rahmen einer Vorlesung für Auf­regung. Doch wie immer legte sich diese rasch ...

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