FORVM, No. 445-447
März
1991

P.S: „Trottel“ statt „Nazi“

Ich werde Jörg Haider erstens keinen Nazi nennen, sondern zweitens einen Trottel. Dies rechtfertige ich wie folgt:

Erstens: Einleuchtend hat Peter Michael Lingens, als er seine „Wochenpresse“ vor der jüngsten Nationalratswahl weise vorausschauend zum Zentralorgan einer künftigen blau-schwarzen Koalition gestaltete, argumentiert und mich überzeugt, daß es Jörg Haider eher nütze, wenn man ihn einen Nazi nennt. So bitte ich meine FreundInnen um Vergebung, daß ich diese Benennung schon aus so gutem Grund unterlasse.

Zweitens: Wenn einer sagt, „geistige Freiheit“ sei „in einer Demokratie etwas Selbstverständliches ...“, so ließe sich dies als programmatisches Postulat begrüßen, setzte er nicht fort: „... aber sie findet dort ihre Grenzen, wo Menschen jene geistige Freiheit in Anspruch nehmen ...“ — Nein, so blöd ist er nicht, daß er die Grenze der Freiheit so ganz generell gegen alle zieht, er setzt sie vielmehr nur jenen, „... die sie nie bekommen hätten, hätten nicht andere für sie den Kopf hingehalten, daß sie heute in Demokratie und Freiheit leben können.“ Dabei ist er wirklich nicht blöd, dies beweist der Applaus, den er dafür geerntet hat; von dem Zielpublikum seiner Rede, das vorwiegend aus SS-lern und anderen Waffenträgern des Dritten Reiches bestand, und denen sprach er dort ja das Monopol zu, Freiheit „in Anspruch“ zu nehmen. Da er uns anderen, die das in seinen Augen legitimierende Glück nicht hatten, im Ehrenkleid des Dritten Reichs für Hitlers Freiheit zu Raubkrieg und Endlösung den Kopf hinzuhalten, jegliches Recht abspricht, auch nur eine bloß „geistige“, geschweige gar eine politische „Freiheit in Anspruch zu nehmen“, und da er selber nie das Glück gehabt hatte, im Ehrenkleid der SS oder Wehrmacht dienen zu dürfen, also sich selbst zugleich mit der überwiegenden Mehrheit der Österreicher von allem Freiheitsgebrauche ausschließt, ist er in meinen Augen ein Trottel.

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