FORVM, No. 233
Mai
1973

Portugal im Rückzug

Befreiungsbewegungen III

„Portugiesisch“-Guinea ist ein kleines Land (36.125 km2) zwischen Senegal und der Republik Guinea. Von den 800.000 Einwohnern (einschließlich der Kapverdischen Inseln) sind lediglich 3000 Portugiesen (selbstverständlich ohne Soldaten, von diesen gibt es dort etwa 30.000 bis 35.000). Die Portugiesen leben fast ausschließlich in den Städten. Guinea-Bissau war — im Unterschied zu Angola oder Mozambique — nie Siedlungskolonie, so daß es praktisch keine weißen Plantagenbesitzer gibt. Das Land blieb im Besitz der Afrikaner, wobei die Eigentumsformen bei den verschiedenen Stämmen sehr unterschiedlich sind. Die Ausbeutung der Landbevölkerung erfolgte vor allem

  1. durch das Erheben von Kopf- und Naturalsteuern;
  2. durch den Zwangsanbau des Hauptexportproduktes Erdnüsse, das zu niedrigsten Preisen an die portugiesischen Monopolhandelsgesellschaften verkauft werden mußte;
  3. durch die Zwangsarbeit für den Straßenbau.

Außer als Lieferant landwirtschaftlicher Rohstoffe ist Guinea-Bissau ökonomisch für Portugal uninteressant. Ansätze eines stärkeren Einströmens von internationalem Kapital — vor allem Shell — kamen nach den raschen Erfolgen der Befreiungsbewegung wieder zum Stillstand. Daran konnte auch die Entdeckung größerer Bauxitvorkommen Ende der 60er Jahre vorläufig nichts ändern. Der ökonomische Ertrag dieser Kolonie wiegt für Portugal weit geringer als die Militär- und Verwaltungskosten sowie die Infrastrukturausgaben, die zur Befriedung der Bevölkerung in den besetzten Gebieten nun im stärkeren Ausmaß vorgenommen werden. Die Position Portugals in Guinea-Bissau ist also nicht nur militärisch gesehen wesentlich schlechter als in den anderen Kolonien, Guinea-Bissau ist zugleich auch die einzige Kolonie, die dem „Mutterland‘‘ ökonomische Verluste einbringt.

Die Gründe für das Verbleiben Portugals im letzten Viertel des Landes und für die Terrorbombardements gegen die befreiten Gebiete liegen

  1. in der zu erwartenden Beispielswirkung der guineischen Unabhängigkeit auf Angola und Mozambique;
  2. in der Gefährdung der für Portugal und die NATO strategisch wichtigen Kapverdischen Inseln.

Aus Äußerungen portugiesischer Spitzenpolitiker und einem Geheimdokument des britischen Verteidigungsministeriums geht klar hervor, daß den Kapverdischen Inseln eine Schlüsselstellung in der Sicherung der Kaproute (die seit dem Verlust der Kontrolle über den Suezkanal besonders wichtig ist) zukommt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann ein kleiner Teil der 1% „assimilierten“ Schwarzen, die dem Kleinbürgertum angehörten, die afrikanische Kultur wiederzuentdecken. Aus diesen Kulturzirkein entstanden illegale politische Klubs von sechs Personen — darunter Amilcar Cabral —, die Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea-Bissau und den Kapverdischen Inseln (PAIGC). Die Mitgliederzahl erhöhte sich bis 1969 auf 50, was allerdings nichts über die Zahl der Sympathisanten aussagt. Cabral hatte in Lissabon studiert und lernte dort Intellektuelle aus den anderen Kolonien kennen. Diese Kontakte waren später wesentlich für die Zusammenarbeit der Befreiungsbewegungen.

Die Tätigkeit der PAIGC führte bereits 1957 zu einer verschärften Repression des portugiesischen Geheimdienstes PIDE gegen die Bevölkerung, vor allem gegen „verdächtige Elemente“. Die PAIGC stellte ihre Organisationsstruktur darauf ein und bildete Zellen aus jeweils drei bis fünf Personen, die voneinander unabhängig ihre Arbeit durchführten. Anfänglich bestand die Partei aus Angehörigen des radikalen Teils des Kleinbürgertums (vor allem fortschrittliche Intellektuelle), sehr bald kamen jedoch auch Hafenarbeiter aus Bissau und Arbeiter im Flußtransport hinzu. Die beiden letzteren Gruppen riefen am 3. August 1959 zu Streiks auf. Die portugiesischen Truppen erschossen daraufhin 50 Hafenarbeiter in Pidjuguiti. Die Repressionen gegen die Bevölkerung nahmen im ganzen Land zu.

Die PAIGC zog daraus zwei Schlußfolgerungen:

  1. der gewaltiose Weg bedeutet Selbstmord, es müssen daher Vorbereitungen für den bewaffneten Kampf getroffen werden;
  2. in den Städten ist die Überlegenheit der Portugiesen zu groß, der Schwerpunkt der Aktionen muß daher aufs Land verlegt werden. Dafür ist die Gewinnung der Landbevölkerung die entscheidende Voraussetzung.

Die Partei entwickelte ein Konzept, das sich wesentlich vom lateinamerikanischen Guerilla — vor allem der Konzeption Che Guevaras — unterscheidet. Sie hielt ein sofortiges bewaffnetes Losschlagen bei einer unaufgeklärten und passiven Landbevölkerung für falsch. Die PAIGC vermied also von Anfang an jene Fehler, die Che einige Jahre später in Bolivien den möglichen Erfolg und das Leben kosteten.

Neben der Vorbereitung auf den bewaffneten Kampf versuchte die PAIGC, die portugiesische Regierung zur Aufnahme von Verhandlungen zu bewegen. Die Antwort war eine verschärfte Verfolgungswelle im Jahr 1960. Amilcar Cabral ging nach Conakry und richtete dort das Generalsekretariat der PAIGC ein. Die fortschrittliche Regierung der Republik Guinea unter Sékou Touré stellte der Befreiungsbewegung alle Möglichkeiten zur politischen und militärischen Vorbereitung des bewaffneten Kampfes zur Verfügung. Ein Teil der Kader wurde auch in Algerien, der Sowjetunion, Kuba und in der VR China ausgebildet.

Im März 1962 wurde der Präsident der PAIGC Rafael Barbosa gemeinsam mit 100 Aktivisten verhaftet. Die PAIGC begann daraufhin im Juli mit den ersten Sabotageakten gegen militärische Einrichtungen der Portugiesen. Aus Angst vor größeren Unruhen zum Jahrestag von Pidjuguiti (3. August) nahm die portugiesische Polizei am 29. Juli 1962 2000 Afrikaner gefangen und verkündete den Ausnahmezustand. Wegen dieser weiteren Verschärfung der Situation beschloß die 4. Konferenz der Parteikader in Conakry (September 1962), die Sabotageakte möglichst bald zum Befreiungskrieg auszuweiten. Im Jänner 1963 eröffnete die PAIGC die erste Guerillafront im Süden des Landes. Kurz darauf bildete sich eine zweite Zone des Widerstandes im Norden. Bereits Ende 1963 war fast ein Drittel des Landes mehr oder minder fest in den Händen der PAIGC.

Eine Gegenoffensive der Portugiesen im Jänner 1964 wurde erfolgreich abgewehrt; die Kolonialisten verloren dabei ein Drittel ihres Expeditionskorps.

Der Parteikongreß der PAIGC im Februar 1964 konnte bereits im befreiten Gebiet abgehalten werden. Es wurde beschlossen, den Kampf auf drei Ebenen zu intensivieren:

  1. ökonomisch: systematische Zerstörung der Niederlassungen der portugiesischen Handelsgesellschaften sowie Erhöhung der Reisproduktion zur Versorgung der Bevölkerung;
  2. politisch: Errichtung der militärischen Stützpunkte in den Wäldern statt in den Dörfern (zum Schutz der Bevölkerung) und Fortsetzung der Aufklärungsarbeit in den Dörfern;
  3. militärisch: permanente Störaktionen gegen den Feind.

Trotz mehrfacher portugiesischer Gegenoffensiven dehnte sich der Befreiungskampf rasch aus: 1965 war bereits die Hälfte des Territoriums befreit. Die Portugiesen verstärkten vor allem ihre Luftangriffe auf die befreiten Gebiete und setzten dabei u.a. Napalm ein. Portugiesische Soldaten wurden in den USA und in Frankreich in der Antiguerilla-Kriegführung ausgebildet. Die Kampfflugzeuge wurden hauptsächlich aus der BRD bezogen (dafür erhielt die Bundeswehr einen Militärstützpunkt auf portugiesischem Territorium), Napalm lieferten die USA.

1966 drangen die Befreiungskräfte weiter vor und kontrollierten fast zwei Drittel des gesamten Territoriums. Im Binnenland zogen die Portugiesen Bauern zwangsweise in Wehrdörfern nach südvietnamesischem Muster zusammen und bildeten einige Militärstützpunkte, die von der Luft aus versorgt werden müssen. Im übrigen mußten sie sich auf einige Städte und die Küstengebiete zurückziehen, wobei sie vor organisierten PAIGC-Angriffen relativ sicher sind.

Wegen der zahlen- und waffenmäßigen Überlegenheit der Portugiesen, der Gefahr einer Invasion vom Meer her und zur Verhinderung einer Zerstörung der Städte plant die PAIGC keine militärische Offensive gegen das Küstengebiet.

In den befreiten Gebieten wurden vorerst kleine Waldschulen gebildet, die vor portugiesischen Luftangriffen relativ sicher waren. Die PAIGC konzentriert sich gegenwärtig vor allem auf die Grundschulausbildung, während die weiterführende Bildung vorläufig hauptsächlich noch im Ausland erfolgt. 1969 existierten 150 Grundschulen mit ca. 15.000 Schülern, während die Schülerzahl vor dem Befreiungskampf in ganz Guinea-Bissau nur 2000 betrug. Die PAIGC gibt für den Grundschulunterricht bereits eigene Lehrbücher heraus.

Mit jugoslawischer Hilfe wurde in Conakry ein Bildungszentrum aufgebaut, das unter anderem der Lehrer- und Erwachsenenbildung, aber auch der politischen Schulung der Kader, dient. Die Spezialausbildung wird hauptsächlich in den sozialistischen Staaten und in fortschrittlichen afrikanischen Ländern durchgeführt. Zukünftige Techniker studieren vor allem in der Sowjetunion, in der Ausbildung von Krankenpflegepersonal spielt die CSSR neben der UdSSR eine besondere Rolle.

Vor Beginn des Befreiungskampfes existierte in Guinea-Bissau — mit Ausnahme der Hauptstadt Bissau — kaum ein Gesundheitswesen. Im Inneren des Landes gab es praktisch keine portugiesischen Siedler und für die Afrikaner waren die Kolonialherren nicht bereit, unproduktive Investitionen zu tätigen. Seit den Erfolgen der PAIGC steigen zwar die Ausgaben für Infrastruktur, Bildung und Gesundheitswesen in den besetzten Gebieten, doch sind die Gründe dafür äußerst durchsichtig.

Die PAIGC hat inzwischen 4 Krankenhäuser und 120 Stellen für ambulante Behandlung in den befreiten Gebieten aufgebaut. Daneben existieren noch zwei Dutzend mobile medizinische Teams, die allerdings über sehr wenig Ausrüstung und Medikamente verfügen. In der Republik Guinea wurden von der OAU und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien ein Solidaritätskrankenhaus mit ausländischen Ärzten gegründet, in dem Kämpfer der PAIGC — aber auch Zivilisten — gepflegt werden.

Zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen wurden Volksläden errichtet, in denen selbsterzeugte Produkte und von befreundeten Ländern gespendete Waren angeboten werden. Die Reorganisation der Landwirtschaft, die vom Agrarfachmann Cabral selbst geleitet wurde, brachte unter anderem eine Intensivierung der Lebensmittelproduktion (vor allem Reis) bei gleichzeitiger Einschränkung des Anbaus reiner Exportwaren (vor allem Erdnüsse). Die bestehenden Handwerksbetriebe werden ausgebaut und teilweise in kleine Industriebetriebe (allerdings auf einem äußerst niedrigen technologischen Stand) umgewandelt. In bescheidenem Umfang wird heute sogar schon für den Export produziert, wodurch wichtige Waren eingeführt werden können, die im Land selbst noch nicht erzeugt werden.

Bis 1967 wurden im gesamten befreiten Territorium Dorfausschüsse demokratisch gewählt. Von den Dorfausschüssen ausgehend wurde die Demokratisierung auf die Regionalebene ausgedehnt. Die Regionalausschüsse bildeten dann die Basis, von der aus in den letzten Jahren zur entscheidenden Etappe — zur Wahl einer Nationalversammlung — übergegangen werden konnte. Im November 1972 konnte Amilcar Cabral vor der Vollversammlung der UNO — bei der der PAIGC der Beobachterstatus eingeräumt wurde — darauf hinweisen, daß die Wahlen zur Nationalversammlung im gesamten befreiten Territorium abgeschlossen seien.

Eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Erfolge im Befreiungskampf spielt die Haltung der Nachbarländer — insbesondere der Republik Guinea. Sékou Touré hat in keiner Phase des Kampfes Zweifel an seiner Unterstützung der PAIGC aufkommen lassen. In Guinea befindet sich nicht nur das Generalsekretariat der PAIGC, sondern auch wesentliche Einrichtungen der militärischen Ausbildung, der Erziehung etc. Außerdem ist Conakry die Zentrale für alle Auslandskontakte der Partei.

Die Haltung Senegals war hingegen immer ambivalent: Staatspräsident Senghor schwankte zwischen einer vorsichtigen Unterstützung über die stillschweigende Duldung bis zur faktischen Verfolgung der PAIGC. In Dakar besteht außerdem eine „Konkurrenzorganisation“ zur PAIGC, die FLING, die zwar in Guinea-Bissau keinerlei Einfluß hat, die aber von Senghor unterstützt wird.

Die Erfolge der PAIGC und der Druck seitens der OAU haben dazu geführt, daß Senegal heute doch wieder zu einer distanziert positiven Haltung übergegangen ist und nichts gegen die Tätigkeit der PAIGC auf senegalesischem Territorium unternimmt.

Der letzte Versuch Portugals, das Blatt im Kolonialkrieg zu seinen Gunsten zu wenden, wurde 1969 unternommen. Die militärische Offensive gegen die PAIGC scheiterte jedoch trotz zahlenmäßiger und waffentechnischer Überlegenheit. Die PAIGC konnte sogar in diesem Jahr die Befreiung im Süden abschließen. Daraufhin ging Portugal zum Angriff auf die Nachbarländer über, um den Kampf der PAIGC durch das Abschneiden vom Hinterland empfindlich zu stören. Im Dezember 1969 bombardierte die portugiesische Luftwaffe Grenzdörfer in Senegal und Guinea. Während sich Senghor von diesen Angriffen beeindrucken ließ und Maßnahmen gegen die PAIGC in Senegal durchführte, blieb Sékou Touré fest auf der Seite der PAIGC.

Im November 1970 unternahm Portugal dann den Versuch, durch eine Invasion gegen die Republik Guinea sowohl Touré zu stürzen, als auch die Zentrale der PAIGC zu zerschlagen.

Eine von der UNO eingesetzte Untersuchungskommission kam zu dem eindeutigen Ergebnis, daß Portugal eine Invasion geplant hatte. Der UNO-Sicherheitsrat verurteilte — bei Enthaltung der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Spaniens — den portugiesischen Invasionsversuch als „ernste Bedrohung des Friedens und der Sicherheit unabhängiger afrikanischer Staaten“.

Auf Grund der strategischen Interessen Portugals und der NATO sowie der Schwierigkeit, auf einem nicht zusammenhängenden Territorium einen einheitlichen Guerillakrieg zu führen, wird die Befreiung der Inseln von Kap Verde besonders schwierig sein. Auf Grund der umfangreichen Unterstützung der PAIGC durch die Sowjetunion wird die NATO verstärkt das Gerücht verbreiten, die Sowjetunion plane nach der Unabhängigkeit Guinea-Bissaus und der Kapverdischen Inseln die Errichtung eines Flottenstützpunktes auf Kap Verde.

Mozambique

Mozambique ist flächenmäßig die zweitgrößte und einwohnermäßig die größte portugiesische Kolonie (778.000 km2, 8 Millionen Einwohner). Durch bewußte Ansiedlung von Portugiesen dürften heute etwa 150.000 bis 200.000 Weiße in Mozambique leben. Daneben gibt es noch Asiaten, Mulatten und etwa 20.000 „assimilierte“ Afrikaner. 95% der Bevölkerung sind „nichtzivilisierte“ Afrikaner. 81% der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt, 12% in der Industrie und 70 im tertiären Sektor.

Die Landwirtschaft, die 25% des Bruttoinlandsproduktes erzeugt, liefert fast 99% aller Exportgüter. 6 landwirtschaftliche Produkte — Baumwolle, Akajunüsse, Zucker, Kopra, Sisal und Tee —- machen dabei 64% des Gesamtexportes aus. Das wichtigste Exportprodukt Baumwolle wird im Norden des Landes im Wege des Zwangsanbaues gepflanzt. Der Boden blieb dort im Besitz der Afrikaner. Sie dürfen jedoch ausschließlich Baumwolle anbauen und müssen die Ernte zu niedrigsten Preisen an portugiesische Handelsgesellschaften abführen. Die übrige landwirtschaftliche Produktion erfolgt auf Plantagen weißer Siedler. Trotz des niedrigen technologischen Stands der mozambikanischen Landwirtschaft ist sie für die weißen Plantagenbesitzer und den portugiesischen Staat sehr profitabel. Die Entlohnung der einheimischen Arbeitskraft gehört zu den niedrigsten in ganz Afrika, Zwangsarbeit ist immer noch die vorherrschende Arbeitsform.

Industrien entstanden vor allem für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Rohstoffe, wobei traditionell das britische Kapital eine besondere Rolle spielt. Im letzten Jahrzehnt strömt vor allem südafrikanisches Kapital nach Mozambique. Die reichen Vorkommen an Bodenschätzen sind bisher noch kaum genützt.

Die Fertigstellung des Cabora-Bassa-Dammes wird diese Situation jedoch schlagartig verändern. Schon heute sind die Konzessionen für den Abbau der Bodenschätze weitgehend vergeben. Im künftigen mozambikanischen Bergbau und der angeschlossenen Industrien wird das südafrikanische Kapital die führende Rolle spielen, aber auch westdeutsches und anderes internationales Kapital wird verstärkt in Mozambique einströmen.

Neben dem Export landwirtschaftlicher Produkte ist der Transitverkehr mit Rhodesien und Südafrika (zu den Häfen Beira und Lourenco Marques) für Portugal ökonomisch besonders wichtig. Außerdem werden mehr als 300.000 Afrikaner an Bergwerke in Südafrika und Rhodesien „vermietet“, was den Portugiesen beträchtliche Devisen einbringt.

Besondere Bedeutung nicht nur für die Aufrechterhaltung der portugiesischen Kolonialherrschaft, sondern für das Gesamtinteresse des „weißen Blocks“ hat der Bau des Cabora-Bassa-Dammes. Nach der Fertigstellung wird er ein wichtiger Energieerzeuger für Südafrika und Rhodesien sein und außerdem in Mozambique die Voraussetzungen für den verstärkten Abbau mineralischer Rohstoffe sowie für die Industrialisierung des Landes schaffen. Im Umkreis des Dammes soll — quasi als Menschenwall — eine weiße Siedierkolonie geschaffen werden.

Die FRELIMO-Führer haben mehrmals betont, daß sie die Fertigstellung des Dammes verhindern werden. Die FRELIMO weiß, daß Cabora-Bassa für sie gefährlicher ist als die portugiesische Armee.

Die Befreiungsgeschichte Mozambiques seit dem 2. Weltkrieg hat zwei Ausgangspunkte, die unabhängig voneinander entstanden. Der eine war die NESAM, die 1949 von höheren Schülern und Studenten in Südafrika gegründet wurde (der spätere FRELIMO-Präsident Dr. Eduardo Mondlane war einer der Mitbegründer). Durch die Wiederaufwertung der afrikanischen Kultur gelang es der NESAM, der Erziehung der Studenten zu Portugiesen entgegenzuwirken. In den 50er Jahren entstanden mehrere Intellektuellenzirkel, die sich zunehmend politisierten. Aus ihnen ging ein Großteil der späteren Führer der Befreiungsbewegung hervor. Die Hauptschwäche dieser intellektuellen Opposition bestand im fehlenden Kontakt zu den Massen, von denen sie durch materielle und Bildungsprivilegien getrennt waren.

Der zweite Ausgangspunkt einer oppositionellen Bewegung entstand im städtischen Proletariat. Mozambique besteht zwar zum überwiegenden Teil aus ländlicher Bevölkerung, in den Häfen von Beira und Lourenco Marques sowie in den Industrien im Süden bildete sich jedoch nach dem 2. Weltkrieg ein afrikanisches Proletariat, das zwar insgesamt zahlenmäßig schwach ist, durch die Konzentration in wenigen Gebieten jedoch einen nicht unbedeutenden Faktor darstellt.

Unabhängig von den Intellektuellenzirkeln kam es 1949 zu Streiks der Eisenarbeiter von Tete und der Hafenarbeiter von Lourenco Marques für höhere Löhne. Die portugiesische Polizei ging mit der Schußwaffe gegen die Streikenden vor und ermordete 49 Afrikaner.

Sowohl die Aktionen der Intellektuellen als auch die der städtischen Arbeiter waren zum Scheitern verurteilt. Die Gründe dafür waren einerseits die fehlende politische Perspektive, zum anderen die Tatsache, daß es sich um isolierte Aktionen winziger Gruppen handelte, die keinen Kontakt zur überwiegenden Mehrheit der mozambikanischen Bevölkerung — also in erster Linie der Landbevölkerung — hatten.

Diese praktischen Erfahrungen hatten wesentliche Auswirkungen für die Entstehung einer Theorie der nationalen Befreiungsbewegung. Vor allem wurden die Vorstellungen gewisser linker Intellektueller widerlegt, die Arbeiterklasse sei die führende Kraft im antikolonialen Kampf, und dieser Kampf müsse in den am höchsten entwickelten Regionen begonnen werden. Demgegenüber setzte sich immer mehr die Erkenntnis durch, daß sich die nationale Befreiungsbewegung vor allem auf die zahlenmäßig stärkste Bevölkerungsgruppe — die Landbevölkerung — stützen und in ihrer ersten Phase von den revolutionären Teilen der einheimischen Kleinbourgeoisie und Intellektuellen angeführt werden müsse. Der Kampf könne gerade nicht in den städtischen Zentren beginnen, da dort die Kolonialmacht am stärksten ist, sondern auf dem Land (vor allem in Grenzgebieten, wo der Nachschub aus Nachbarländern möglich ist).

Das Massaker von Muêda am 16. Juni 1960 stellte einen Wendepunkt dar. Afrikanische Landarbeiter protestierten gegen die Zwangsarbeit in der Provinz Cabo Delgado (Nordmozambique). Der Gouverneur der Provinz kam nach Muêda und empfing eine Delegation der Landarbeiter. Nach den Verhandlungen ließ er die Sprecher fesseln und von der Polizei schlagen. Als daraufhin in der versammelten Menge Unruhe entstand, eröffneten portugiesische Truppen das Feuer auf die unbewaffneten Demonstranten — über 500 Afrikaner fanden den Tod.

Dieses Massaker führte bei den Nationalisten zu der Überzeugung, daß es selbstmörderisch sei, den Portugiesen unbewaffnet gegenüberzutreten oder gewaltlose Streiks und Demonstrationen durchzuführen. Die bis dahin isoliert arbeitenden Widerstandsgruppen sahen ein, daß der Widerstand auf nationaler Ebene organisiert werden müsse. Auf Grund der mangelhaften Kommunikation entstanden vorerst drei voneinander getrennte Befreiungsorganisationen. Am 25. Juni 1962 schlossen sich UDENAMO, MANU und UNAMI zur Befreiungsfront von Mozambique (FRELIMO) zusammen.

Obwohl die FRELIMO von der Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes überzeugt war und sich auf ihn vorbereitete, unternahm sie dennoch mehrere Versuche, Verhandlungen mit Portugel herbeizuführen. Die portugiesische Regierung lehnte jedoch die FRELIMO-Vorschläge ebenso ab, wie die der MPLA und PAIGC.

Die Einheit der FRELIMO war schon in den ersten Monaten nach ihrer Gründung durch persönliche Rivalitäten und Stammesgegensätze gefährdet. Am 1. Mai 1963 gaben der Generalsekretär der FRELIMO, David Mabunda, dessen Stellvertreter Paulo Gumano und weitere FRELIMO-Mitglieder ihren Austritt aus der FRELIMO bekannt. Sie begründeten diesen Schritt damit, daß sie der politischen Linie Mondlanes nicht mehr folgen könnten. Eine Gruppe im sambischen Exil lebender Mozambikaner gründete in Lusaka die COREMO, die später mit chinesischer Hilfe teilweise sogar eigenständige Guerillaaktionen an der sambischen Grenze durchführten.

Die Entwicklung zeigte, daß diese Spaltungen hauptsächlich aus Machtkämpfen von Exil-Mozambikanern — teilweise vielleicht sogar mit Unterstützung der Portugiesen — hervorgingen. Im Land selbst bereitete fast ausschließlich die FRELIMO unter Mondlane den bewaffneten Kampf vor. Bereits 1962 bildete die FRELIMO Zellen, die das gesamte Land bereisten und die Bevölkerung über die Ziele des Befreiungskampfes aufklärten.

Während in verschiedenen afrikanischen Hauptstädten ein heftiger Streit über die Führungsrolle im mozambikanischen Befreiungskampf tobte, begann die FRELIMO am 25. September 1964 mit organisierten militärischen Aktionen gegen die portugiesische Kolonialherrschaft.

(Wird fortgesetzt)

Afrika im NF

  • Bob und Mary Fitch (San Franzisko): Sollen sie Öl fressen. Biafra wie es keiner kennt. NF März 1969
  • Adalbert Krims: Schwarzafrika darf nicht rot werden. NF November 1971
  • Lutz Holzinger: Afrika: Schwarz-weißer Dialog. NF Mai/Juni 1971
  • Adalbert Krims: Sambia: Erdrutsch. NF Sept./Okt. 1971
  • Kurt Greussing: Äthiopien: Linke Schweden. NF Dezember 1971
  • Pamela Blockey: KZ Südafrika. Okt/Nov. 1971
  • Basil Davidson: Afrika: Vom Reformismus zur Revolution. NF April 1972
  • Heinz Gibus: Inder plündern Neger. Zum Rassismus Idi Amins. NF November 1972
  • Heinz Gibus: Weißer Mann im Eck. Zur Situation in Rhodesien und Südafrika. NF März 1973
  • Adalbert Krims: Wie die Europäer Afrika ruinierten. Zur Geschichte der Befreiungsbewegungen. NF März 1973
  • Ders.: Dämme gegen Freiheit (Freiheitsbewegungen Il). NF April 1973

Solidaritätskomitee

Am 31. März und 1. April 1973 trafen sich in Salzburg über 30 Vertreter von insgesamt 13 Gruppen unterschiedlicher politischer und weltanschaulicher Orientierung zu einem Seminar „Freiheit für Angola, Mozambique und Guinea-Bissau“. In diesem Rahmen wurde von der Mehrheit der teilnehmenden Organisationen das „Österreichische Komitee für Angola, Mozambique und Guinea-Bissau“ (ÖKAMG) gegründet, das sich den Aufbau einer Solidaritätsbewegung mit dem Befreiungskampf der Völker in den portugiesischen Kolonien zum Ziel setzt.

Das ÖKAMG solidarisiert sich mit dem gerechten Kampf der PAIGC, FRELIMO und MPLA gegen nationale Unterdrückung und ökonomische Ausbeutung sowie für den Aufbau einer antikolonialistisch-antiimperialistisch-demokratischen Staatsmacht in Guinea-Bissau, Mozambique und Angola.

Vom 25. Mai bis 1. Juni 1973 wird auf Grund eines Aufrufs der UNO-Generalversammlung in allen Teilen der Welt eine Woche der Solidarität mit den Kolonialvölkern im südlichen Afrika, in Guinea-Bissau und auf den Kapverdischen Inseln durchgeführt. Das ÖKAMG betrachtet die Organisierung dieser Solidaritätswoche in Österreich als Auftakt einer kontinuierlichen politischen und materiellen Unterstützung des Kampfes der Völker von Angola, Mozambique und Guinea-Bissau.

Mit den organisatorischen Vorbereitungen der Solidaritätsaktionen beauftragt das ÖKAMG ein Sekretariat bestehend aus den Herren Josef Cap, Fritz Edlinger, Adalbert Krims und Andreas Rasp.

Kontaktadresse:
Adalbert Krims
Margaretenstraße 22
1040 Wien
Tel.: 0 222/57 47 10

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