Antoni Macierewicz
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Geboren am: 3. August 1948

Geboren 1948, studierte Geschichte. 1976 Mitgründer des KOR (Komitet Obrony Robotników — Komitee zur Verteidigung der Arbeiter). 1989 Mitgründer der katholisch-nationalen Partei Zjednoczenie Chrześcijańsko Narodowe (ZChN, Vereinte Christliche Volkspartei). Mitglied des Sejms (Parlaments) seit 1989, Innenminister 1991-1992, 2006-2007 Vize-Verteidigungsminister. Abgeordneter der christlich-nationalen Partei Prawo i Sprawiedliwość (Recht und Gerechtigkeit).

Beitræge von Antoni Macierewicz
FORVM, No. 305/306

In 10 Jahren Sieg

Geheimtreffen polnischer und tschechischer Dissidenten
Mai
1979

Die Internationalisierung der osteuropäischen Dissidentenbewegung hatte ihren spektakulärsten Höhepunkt in den Treffen zwischen Vertretern der Charta 77 und des polnischen Arbeiterverteidigungskomitees (KOR), die im Sommer 1978 begannen. Beim zweiten Treffen interviewten die KOR-Mitglieder Jan (...)

Antoni Macierewicz (2014)

Antoni Macierewicz (* 3. August 1948 in Warschau) ist ein polnischer Politiker. Er war von 1991 bis 1992 Innenminister im Kabinett Olszewski und zwischen 2015 und 2018 Verteidigungsminister in den Regierungen Szydło sowie Morawiecki I, zudem Sejm-Abgeordneter der 1., 3., 4., 6., 7. und 8. Wahlperiode.

Er zählte zu den Führungsmitgliedern in der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und gilt als engster Vertrauter des Vorsitzenden Jarosław Kaczyński.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Macierewicz studierte an der Universität Warschau und beendete das Studium mit einem Magister in Geschichte.[1]

1968 bis 1989 gehörte er der demokratischen Opposition an. Er gilt als einer der Gründer des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (polnisch Komitet Obrony Robotników, abgekürzt KOR).

Von 1989 bis 1992 gehörte er der Partei Christlich-Nationale Vereinigung (ZChN) an, für die er 1991 in den Sejm einzog. Vom 23. Dezember 1991 bis zum 5. Juni 1992 war Macierewicz Innenminister in der Regierung von Jan Olszewski. Die Mehrheit im Sejm verpflichtete Macierewicz im Mai 1992 per Beschluss (der später als verfassungswidrig eingestuft wurde), eine Liste mit den Namen von aktuell tätigen Abgeordneten und Politikern in hohen Staats- sowie Regierungsämtern, die während der Volksrepublik Polen Mitarbeiter der kommunistisch kontrollierten Geheimdienste UB und SB gewesen waren, zusammenstellen zu lassen. Am 4. Juni 1992 übergab Macierewicz dem Ältestenrat des Sejms eine Liste angeblicher ehemaliger Mitarbeiter, von wo sie noch am selben Tag den Medien zugespielt wurde. Unter dem Decknamen „Bolek“ war auf ihr auch Staatspräsident Lech Wałęsa aufgeführt. Noch in derselben Nacht wurde mit deutlicher Mehrheit ein Misstrauensvotum gegen das Kabinett Olszewski verabschiedet.[2]

Macierewicz schied daraufhin aus der ZChN aus und gründete die Akcja Polska, im Bündnis mit Olszewskis Ruch Odbudowy Polski (ROP) wurde er erneut 1997 Sejmabgeordneter, nach deren Zerfall gründete Macierewicz die Ruch Katolicko-Narodowy. Bei den Parlamentswahlen in Polen 2001 erlangte er als Listenkandidat der Liga Polnischer Familien erneut ein Mandat, schied aber aus der Fraktion aus. Vor der Parlamentswahl 2005 gründete er gemeinsam mit Jan Olszewski die Ruch Patriotyczny, die bei den Wahlen lediglich 1,05 Prozent der Stimmen erhielt. Bei den Wahlen 2007 und 2011 erlangte er über die Liste der PiS erneut einen Parlamentssitz. Die Abgeordneten der Ruch Patrioticzny traten im Mai 2010 der PiS bei.[3]

Im Juli 2006 wurde er von Premierminister Jarosław Kaczyński zum stellvertretenden Verteidigungsminister berufen. In seinem Amt war er für die Auflösung des Anfang der 1990er Jahre geschaffenen polnischen Militärgeheimdienstes WSI zuständig. Der WSI hatte nach seiner Auffassung zu viele Offiziere übernommen, die noch zu Zeiten des Warschauer Paktes ihren Dienst angetreten hatten und teilweise in Moskau ausgebildet worden waren. Der Auflösung des WSI stand Verteidigungsminister Radosław Sikorski skeptisch gegenüber, wie er später bekannte.[4] Im Konflikt mit Macierewicz reichte er seinen Rücktritt ein. Diesem unterstand von Oktober 2006 bis November 2007 der neu geschaffene „Dienst für militärische Gegenspionage“ (Służba Kontrwywiadu Wojskowego).[5]

Im Juli 2010 trat er an die Spitze des von der PiS durchgesetzten und besetzten Parlamentsausschusses, der sich mit der Untersuchung des Flugunfalls von Smolensk beschäftigte. Macierewicz äußerte wiederholt die Überzeugung, dass der Unfall auf ein Attentat zurückzuführen sei und die Wahrheit in der Öffentlichkeit unterdrückt werde.[6]

2015 gewann seine PiS die Parlamentswahlen in Polen und Macierewicz wurde polnischer Verteidigungsminister. In seiner Amtszeit traten nach seinen Angaben neun von zehn höheren Generalstabsoffizieren sowie 80 Prozent des Heereskommandos von ihren Posten zurück oder wurden entlassen. Auch der Oberbefehlshaber des Polnischen Heeres Miroslaw Rozanski trat aus Protest zurück. Die Opposition kritisierte, durch die Entlassungen würden wertvolle Erfahrungen aus Afghanistan und dem Irak vernichtet.[7]

In Macierewicz’ Amtszeit fiel das zerrüttete Verhältnis mit der Europäischen Union. Auch überwarf er sich gegen Ende seiner Amtszeit mit Präsident Andrzej Duda. Im Januar 2018 wurde er vom neuen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki entlassen und durch den vorherigen Innenminister Mariusz Błaszczak ersetzt. Er galt außer bei den PiS-Stammwählern als überaus unbeliebt. Die Personaländerungen wurden als Signal Polens gewertet, einen eher mäßigenden Kurs gegenüber der EU einzuschlagen.[8]

Am 11. Januar 2018 übernahm er von Kazimierz Nowaczyk die Leitung der Smolensk-Kommission. Auf diesem Posten versuchte er nach Berichten polnischer Medien, die Version durchzusetzen, dass der Tod des Staatspräsidenten Lech Kaczyński und der anderen Personen an Bord auf einen Bombenanschlag der russischen Geheimdienste zurückging. Die Fernsehsender TVN und das Internetportal Onet veröffentlichten im September 2022 Berichte, nach denen Macierewicz Beweismaterial, das nicht im Einklang mit dieser Version stand, bewusst unterschlagen hat.[9]

Politische Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Macierewicz gilt als anti-liberal, wiederholt äußerte er sich kritisch zur Mitgliedschaft Polens in der EU. Er war Gründungsherausgeber der als „radikal anti-kommunistisch und antisemitisch“ beziehungsweise rechtsextrem bezeichneten Zeitschrift Głos.[10]

In einem Radiointerview mit Radio Maryja soll Macierewicz im Jahre 2002 erklärt haben, dass er das antisemitische Pamphlet Protokolle der Weisen von Zion, deren Authentizität seiner Ansicht nach unterschiedlich bewertet werde, für „sehr interessant“ halte und die hierin vertretenen Thesen mit seinen Erfahrungen übereinstimmten.[11][12] Anlässlich seiner Ernennung zum Verteidigungsminister protestierte die Anti-Defamation League bei der polnischen Regierung und forderte Macierewicz auf, sich von seinen damaligen Äußerungen zu distanzieren.[13] Der Sprecher des amtierenden Ministers bezeichnete diese Anschuldigungen als eine Lüge und forderte daraufhin Entschuldigungen.[14]

Macierewicz galt in seiner aktiven Zeit nach Kaczyński als der zweitwichtigste Ideologe der Rechten und als sehr angesehen in den klerikal-nationalistischen Kreisen der PiS.[15] Laut Tomasz Piątek und anderen polnischen Journalisten war Macierewicz jahrelang von einem Netz prorussischer Aktivisten umgeben. Dies wird als umso ungewöhnlicher beurteilt, weil Macierewicz zugleich wie andere Regierungsmitglieder durch öffentliche Agitation gegen die Regierung Wladimir Putins aufgefallen war und die russische Regierung für den Flugunfall von Smolensk 2010 verantwortlich macht.[15][16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tomasz Piątek: Macierewicz i jego tajemnice (Macierewicz und seine Geheimnisse): Arbitror Verlag, Warschau 2017, ISBN 978-83-948331-0-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Antoni Macierewicz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. [1], abgerufen am 7. Dezember 2015.
  2. Reinhold Vetter: Polens eigensinniger Held. Wie Lech Wałęsa die Kommunisten überlistete. Berlin 2010, S. 354–355.
  3. Klaus Ziemer: Das politische System Polens: Eine Einführung S. 214, 215.
  4. Sikorski o komisji likwidacyjnej WSI: nie byłem autorem propozycji kadrowych. Tomasz L.? "Nie znam gościa kompletnie" tvn24.pl, 15. Dezember 2022.
  5. Macierewicz wiceministrem obrony narodowej wp.pl, 22. Juli 2006.
  6. Helmut Fehr (2014): Eliten und zivile Gesellschaft: Legitimitätskonflikte in Ostmitteleuropa, S. 334.
  7. Paul Flückiger, Warschau: Die grosse Säuberungswelle. In: nzz.ch. 3. April 2017, abgerufen am 29. Januar 2024.
  8. Meret Baumann: Polens neuer Regierungschef entlässt umstrittene Minister. In: nzz.de. 9. Januar 2018, abgerufen am 9. Januar 2018.
  9. Macierewicz trafiony Smoleńskiem. Awantura po najnowszych doniesieniach onet.pl, 23. September 2022.
  10. Rafał Pankowski: The populist radical right in Poland. S. 121, 157.
  11. Rafał Pankowski: The populist radical right in Poland. S. 121, 122
  12. Rajeev Syal: Polish defence minister condemned over Jewish conspiracy theory. In: The Guardian. 10. November 2015.
  13. Paul Flückiger: Polen: Der neue Verteidigungsminister und die jüdische Weltverschwörung. In: Der Tagesspiegel. 13. November 2015.
  14. Antoni Macierewicz na celowniku izraelskich mediów. Za Protokoły Mędrców Syjonu. In: wp.pl. 12. November 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. November 2015; abgerufen am 17. November 2015 (polnisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/wiadomosci.wp.pl
  15. a b Konrad Schuller: Polen und Russland: Die Moskau-Reise des Herrn Kownacki. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 11. Juli 2017.
  16. Christian Davies: Polish minister accused of having links with pro-Kremlin far-right groups. In: The Guardian. 12. Juli 2017.