FORVM, No. 496-498
Juni
1995
Kleine Aufmerksamkeit

Dr. Jörg Haider

Betrifft: Einem, sie und mich

an alle seine mir bekannten Adressen: F Kärntnerstr. & Parlament, privat in Klagenfurt, Wien und im arisierten Bärental

Aus mehreren meiner Artikel wissen sie ja, daß sie in meinen Augen seit ihrer Ulrichsberg-Rede 1990 [1], wo sie u. a. den Raubkrieg der Nazi verherrlichten, ein lebensgefährlicher Nazi sind — wogegen sie sich nicht wehren, also offenbar nichts einzuwenden haben.

Was sie noch nicht wissen, ist, daß sie außerdem als kleiner Mensch, mieser Charakter und schwache Natur erkannt sind, der sich an kleinen, unnötigen, miesen Lügen emporranken muß: indem sie Wählertäuschung verüben, ihre eigene Fraktion und das gesamte Publikum anlügen. Ein rechter Lug’ntschippl, wie wir in Kärnten, wo sie als Fremdarbeiter werkten, zu sagen pflegen — wie der Müller, der, um sich ein Ansehen zu geben, »meine Tochter kann Stroh zu Gold spinnen« sagt oder Unkrautsalz in leere, gläserne Zuckerportionierer hineinphantasiert, die er in »so etwas wie eine Zuckerdose« umstilisiert, um seiner Partei die Schneid’ zur Kritik abzukaufen, worauf die freudig und prompt hereinfällt.

Das ›Tatblatt‹ hätte aufgefordert, ihnen Briefbomben zu schicken, hatten sie frech am ›Runden Tisch‹ gegenüber der Grünen Obfrau behauptet; seit ihnen diese Schweinerei zu wiederholen gerichtlich verboten ist, sagen sie ungefähr: Das ›Tat-blatt‹ habe dazu aufgefordert, ihnen kleine Aufmerksamkeiten zu schicken, und dies hätte es zur Zeit der Briefbomben gemacht. — Schon wieder gefälscht: es war fast ein Jahr vorher, bevor die erste Serie von Briefbomben aufgetaucht ist, deren Absender sie sofort in unseren Kreisen vermuten wollten, die aber eher bei ihnen zuhause sind.

Gern markieren sie den starken Mann, gewöhnlich per Maulfurz, der mächtig stinkt. Als Burschenschaftler singen sie oft von Ehre, als »Dr.« haben sie auf die Wahrheit »spondeo« gesagt. Gewohnheitsmäßige Lügnerei stellt aber unweigerlich eine Ehrlosigkeit her, so daß sie für anständige Leute längst satisfaktionsunfähig geworden sind. Gerade als Gottesgeißelchen sind sie mir noch recht, um die faktischen Amtshandlungen der Polizei zu bestrafen, die diese noch immer verfassungswidrigerweise gegen Asyl- und AufenthaltswerberInnen begeht. Mein Etzelchen, will ich sie gern noch ein bißchen fauchen und kratzen lassen, bis die Menschenrechte in Österreich endlich nicht mehr bloß beschrieben sind, sondern gelten.

Damit es nicht bloß bei leeren Worten bleibt wie bei ihnen, folge ich hiermit der bekannten Anregung — indem ich sie anschreibe, wie es ihnen gebührt: so buchstäblich klein, wie sie wirklich sind — und sende ihnen eine kleine, erfreuende Aufmerksamkeit:

Auf zartrosa Seidenpapier eigenhändig und zierlich mit Tinte kalligraphiert, schicke ich ihnen beiliegend einen Gutschein auf die gesündesten Watschen der freien Welt, ohne die Stückzahl vorweg bereits zu beschränken; mit jederzeitiger Einlösbarkeit.

Wien, 7. Mai 1995
Gerhard Oberschlick

[1Die erwähnte Rede ist im FORVM 445-447 vom 19. März 1991 wörtlich abgedruckt. Der damalige Landeshauptmann von Kärnten hatte sie bei der irreführend als „Friedensfeier“ bezeichneten Veranstaltung vor einem Publikum von ehemaligen, teils mit NS-Ehrenzeichen behängten Betätigern und mehr oder weniger Wiederbetätigern aus jüngeren Jahrgängen am 7. Oktober 1990 gehalten.