Hermann L. Gremliza

Geboren am: 20. November 1940

Gestorben am: 20. Dezember 2019

Geboren 1940 in Köln. Von 1966 bis 1971 Redakteur des Spiegel. Seit 1974 Herausgeber des konkret.

Im WWW
konkret
Beitræge von Hermann L. Gremliza
MOZ, Nummer 26

„Diese Linke sitzt in ziemlich warmen Stuben“

Gespräch
Januar
1988

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MOZ, Nummer 42

Ganz andere Wunderwerke als gotische Dome und ägyptische Pyramiden

Juni
1989

Zur Diskussion über alternative Öffentlichkeit, deren Wandlung sowie Finanzierung trafen einander in der MOZ-Redaktion: Hermann L. Gremliza, Herausgeber des BRD-Monatsmagazins konkret. Günther Nenning, Publizist. Karl Heinz Stamm, Publizist, Mitarbeiter der Berliner tageszeitung. Franz Ferdinand (...)

Hermann Ludwig Gremliza (* 20. November 1940 in Köln; † 20. Dezember 2019 in Hamburg) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er war seit 1974 Herausgeber der Monatszeitschrift konkret.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gremliza wuchs in Gerlingen auf. Seine Schwester ist die Politikwissenschaftlerin und Verlegerin (Hamburger Konkret Literatur Verlag) Dorothee Gremliza.[1]

Nach dem Abitur am Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasium studierte er von 1960 bis 1966 in Tübingen und an der FU Berlin Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft.[2] In Tübingen gab er im Auftrag des dortigen AStA die Studentenzeitung Notizen heraus.

Er begann 1966 als Redaktionsassistent und arbeitete zuletzt als leitender Redakteur des Politikressorts des Spiegel. Infolge einer Auseinandersetzung mit dem Herausgeber Rudolf Augstein um redaktionelle Mitbestimmung verließ Gremliza Ende 1971 das Magazin. Ab 1974 bis zu seinem Tod gab er die monatlich erscheinende Zeitschrift konkret heraus. Für konkret schrieb er monatlich mindestens einen politischen Leitartikel (Gremlizas Kolumne) und eine Sprachkritik (Gremlizas Express), in der er im Geiste von Karl Kraus aus aktuellen Äußerungen von Politikern und anderen öffentlichen Personen die zugrunde liegende Gesinnung extrahierte.[3][4] Außerdem führte er in unregelmäßiger Folge Interviews mit Persönlichkeiten aus Politik und Kultur.

Gremliza war ein scharfer Kritiker der politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland und ein erklärter Gegner von deutschem Patriotismus und Nationalismus. 1980 unterstützte er den Aufruf zum Anachronistischen Zug gegen die Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß.[5] Im Jahre 1989 trat er aus der SPD aus. Ein Anlass dazu war, dass die Bundestagsabgeordneten der SPD nach der Maueröffnung am 9. November im Bundestag spontan mit den Abgeordneten der CDU, CSU und FDP aufstanden, um die dritte Strophe der deutschen Nationalhymne zu singen. Gremliza erinnerte diese Szene an den 17. Mai 1933, als sich die sozialdemokratischen Abgeordneten anlässlich der „Friedensrede“ Hitlers gemeinsam mit den Nationalsozialisten zum Singen der ersten Strophe der Nationalhymne erhoben.[6] Er war Kommunist[7], Mitglied der Gewerkschaft IG Druck und Papier und ein Vertreter der israel-solidarischen Linken.[8]

Er gab 1987 öffentlich an, als Ghostwriter für Günter Wallraff dessen Buch Der Aufmacher über die Bild-Zeitung geschrieben zu haben,[9] was von Wallraff seinerzeit „im Kern“ auch nicht bestritten wurde.[10]

Im Jahre 1994 unternahm er als externer Berater gemeinsam mit Wiglaf Droste einen Versuch, die Tageszeitung junge Welt zu reformieren.[11]

Gremliza war seit 1976 verheiratet und hatte vier Kinder. Er starb im Dezember 2019 im Alter von 79 Jahren in Hamburg[12] nach langer schwerer Krankheit.[13]

Karl-Kraus-Preis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1986 stiftete Gremliza den „Karl-Kraus-Preis“, den er an Fritz J. Raddatz und 1987 an Günter Wallraff[14] verlieh. Die Preisträger lehnten den Preis ab, da das Preisgeld von 30.000 DM an die Bedingung geknüpft war, dass sie nie wieder ein Wort schreiben würden.[15] Heiner Müller veröffentlichte eine Abschrift des Telefongesprächs, in dem Wallraff den Preis ablehnte, in der taz.[16][17][18]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Autor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Was Gabriele Henkel alles mit der Hand macht. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1979, DNB 800691423.
  • Betrug dankend erhalten. Konkret Literatur Verlag, Hamburg 1983, ISBN 3-922144-30-6
  • Krautland einig Vaterland. Konkret Literatur Verlag, Hamburg 1990, ISBN 3-922144-83-7
  • Ein Volk gibt Gas. 28 Berichte zur Lage der deutschen Nation. Gremliza Verlags GmbH, Hamburg 1992, ISBN 3-929201-03-8
  • Ganghofer im Wunderland. 73 Absagen an die herrschende Meinung 1978–1994. KVV „konkret“ Vertriebsgesellschaft, Hamburg 1994, ISBN 3-930786-00-1
  • Herrschaftszeiten oder Freiheit ist immer die Freiheit von Radio Luxemburg. KVV „konkret“ GmbH, Hamburg 1996, ISBN 3-930786-05-2
  • Drei Damen (Sammelband). Konkret Literatur Verlag, Hamburg 1996
  • Gegen Deutschland. 48 Nestbeschmutzungen. Konkret Literatur Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3-89458-193-X
  • Haupt- und Nebensätze. edition suhrkamp, Berlin 2016, ISBN 978-3-518-12715-5

Herausgeber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 30 Jahre Konkret. Konkret-Verlag, Hamburg 1987, ISBN 3-922144-63-2
  • Vorwärts. Nieder. Hoch. Nie wieder. Vierzig Jahre Konkret. Eine linke deutsche Geschichte 1957–1997. Konkret-Verlag, Hamburg 1997, ISBN 3-89458-156-5
  • Hat Israel noch eine Chance? Palästina in der neuen Weltordnung. Konkret-Verlag, Hamburg 2001, ISBN 3-930786-32-X

Interview[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit dem Publizisten Eike Geisel – neben anderen Beteiligten – in dem Dokumentarfilm Triumph des guten Willens von Mikko Linnemann, Deutschland 2016.[19]

Vorträge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachrufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Roger Behrens: Einer gegen die Dummheit, taz vom 28. Dezember 2019, online.
  • Joachim Bischoff, Gerd Siebecke: Hermann L. Gremliza (20.11.1940–20.12.2019) ist tot, sozialismus.de, 25. Dezember 2019, online.
  • Thomas Blum: Nicht einverstanden, neues-deutschland.de, 23. Dezember 2019, online.
  • Andreas Busche: Stachel im Fleisch der deutschen Linken, tagesspiegel.de, 23. Dezember 2019, online.
  • Dietmar Dath: Verstand statt Angst, faz.net, 23. Dezember 2019, online.
  • Georg Fülberth: Die verlassene Sprache. Der Publizist und Konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza ist gestorben, in: junge Welt, 24. Dezember 2019, online.
  • Clemens Heni: Das Ende einer linksradikalen Ära: Zum Tode von Hermann L. Gremliza (20.11.1940–20.12.2019), clemensheni.net, 23. Dezember 2019, online.
  • Gerhard Henschel: Er war ein guter Lehrer, neues-deutschland.de, 27. Dezember 2019, online.
  • David Hugendick: Stilvoll gegen Deutschland, zeit.de, 23. Dezember 2019, online.
  • Markus Joch: Das Gegengewicht, literaturkritik.de, 15. Januar 2020, online
  • Torsten Krauel: Je mehr Gegner er hatte, desto besser ging es ihm, welt.de, 26. Dezember 2019, online.
  • Martin Krauss: Vielleicht der größte Journalist des Landes, juedische-allgemeine.de, 23. Dezember, online.
  • Harald Martenstein: Ãœber einen kürzlich verstorbenen Kolumnistenkollegen, den Gesellschafts- und Stilkritiker Hermann L. Gremliza, Zeit.de, 22. Januar 2020, online
  • Alexander Nabert: Der polemische Bourgeois, taz.de, 24. Dezember 2019, online.
  • Peter Nowak: Der kollektive Organisator, freitag.de, 27. Dezember 2019, online.
  • Norbert F. Pötzl: Der aufgeweckte Seminarist, spiegelonline, 24. Dezember 2019 online.
  • Kay Sokolowsky: Sail away, HLG, 24. Dezember 2019, online.
  • Oliver Tolmein: Er wird fehlen, jungle-world, 2. Januar 2020, online.
  • Willi Winkler: Freibeuter mit messerscharfem Verstand, sueddeutsche.de, 23. Dezember 2019, online.
  • Michael Wuliger: Ein Kommunist für Israel, juedische-allgemeine.de, 2. Januar 2020, online.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. ↑ Friederike Gräff, TAZ 6. Oktober 2018. Interview mit Dorothee Gremliza unter dem Titel: „Reich bin ich dabei nicht geworden.“ eingesehen 1. Juni 2023.
  2. ↑ Hermann L. Gremliza im Munzinger-Archiv, abgerufen am 9. März 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
  3. ↑ Hartmut Steinecke: Deutsche Dichter des 20. Jahrhunderts. Erich Schmidt Verlag, 1996, S. 133
  4. ↑ Eckhard Henscheid: „Zeitung lesen“, TAZ vom 18. September 2004
  5. ↑ Gespenstische Kulisse. In: Der Spiegel. Nr. 39, 1980 (online).
  6. ↑ [1] konkret 09/2007
  7. ↑ Roger Behrens: Einer gegen die Dummheit. taz vom 28. Dezember 2019.
  8. ↑ Radikal pro Israel, Jüdische Allgemeine, 20. Februar 2014.
  9. ↑ Hermann L. Gremliza: „von Konkret“, Konkret (11/2007).
  10. ↑ „Konkret“-Herausgeber Hermann L. Gremliza ist tot, deutschlandfunkkultur.de, erschienen und abgerufen am 23. Dezember 2019
  11. ↑ Helmut Ziegler: Der Vertreter der Anklage, In: Berliner Zeitung vom 18. Oktober 2004.
  12. ↑ Hermann L. Gremliza gestorben. In: junge Welt. 23. Dezember 2019, abgerufen am 23. Dezember 2019.
  13. ↑ Martin Krauss: Vielleicht der größte Journalist des Landes, juedische-allgemeine.de, 23. Dezember 2019, abgerufen am 24. Dezember 2019
  14. ↑ Preisrede Karl Kraus-Preis 1987 - konkret online. Abgerufen am 24. März 2022.
  15. ↑ Annette Garbrecht: Gremliza: Ich war Wallraff. In: Die Tageszeitung. 5. Oktober 1987, S. 5, abgerufen am 24. März 2022.
  16. ↑ Heiner Müller: Deutsche Linke im Beißkrampf. In: Die Tageszeitung. 8. Oktober 1987, S. 1–2, abgerufen am 24. März 2022.
  17. ↑ Schreiben als Handwerk. Abgerufen am 24. März 2022.
  18. ↑ Emma: das Magazin von Frauen für Menschen. 1987, S. 6 (google.de [abgerufen am 25. März 2022]).
  19. ↑ [2]