Josef Dobretsberger

Geboren am: 28. Februar 1903

Gestorben am: 23. Mai 1970

Beitræge von Josef Dobretsberger
FORVM, No. 138-139

100 Worte Sozialismus

Juni
1965

Vor fünfzig oder gar hundert Jahren konnte man, tatsächlich oder vermeintlich, mit zehn Worten sagen, was Sozialismus sei. Reichen heute hiefür auch nur hundert Worte aus? Dies herauszufinden, schien uns eines größer angelegten Versuches wert. Von den vierzig Autoren, die auf unsere Frage (...) Sie wollen mehr Texte online lesen?
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Josef Dobretsberger (links), Vorsitzender der Demokratischen Union Österreichs, als Gast beim 7. Parteitag der Ost-CDU in Weimar, 1954

Josef Dobretsberger (* 28. Februar 1903 in Linz, Österreich-Ungarn; † 23. Mai 1970) war ein österreichischer Jurist, Nationalökonom und Politiker.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dobretsberger war Schüler Hans Kelsens, Mitglied des CV (K.Ö.H.V. Carolina Graz (seit 1922)) und Linkskatholik. 1929 und 1930 war er Generalsekretär des Reichsbauernbundes.[1] Er wurde schon im Alter von 30 Jahren, gefördert vom Unterrichtsminister Emmerich Czermak, Universitätsprofessor in Graz. Als Sozialminister (ab 17. Oktober 1935) im autoritären Ständestaat trat der als liebenswürdige und heitere Persönlichkeit beschriebene Dobretsberger vergeblich für eine Verständigungspolitik mit den im Februaraufstand 1934 geschlagenen Sozialdemokraten ein, geriet allerdings auch durch den Phönix-Skandal wegen einer vom Versicherungschef Wilhelm Berliner finanzierten luxuriösen Wohnung ins Gerede und musste seinen Ministerposten räumen. 1937/38 war Dobretsberger Rektor der Karl-Franzens-Universität Graz. Im März trat 1938 er von diesem Amt zurück, erklärte aber in einem Brief an den akademischen Senat, dass er „diesen Entschluß als Beamter in vollster Loyalität gegenüber der neuen Regierung gefaßt habe.[2]

1938 emigrierte Dobretsberger und war während des Zweiten Weltkriegs unter anderem als Professor in Istanbul und in Kairo tätig. In Istanbul gehörte er zu einem Kreis von Österreichern um die Special Operations Executive, die den Nationalsozialismus subversiv bekämpften.[3]

Nach 1945 wirkte Dobretsberger wieder als Professor an der Universität Graz (Rektor 1946–47) und engagierte sich auch wieder politisch. Zunächst Angehöriger der ÖVP, verließ er nach Bekanntwerden der Oberweiser Konferenz aus Protest die Partei und setzte seine Karriere nunmehr in engem Naheverhältnis zur KPÖ fort. (Laut Margarete Schütte-Lihotzky nannten ihn deshalb politische Gegner „Sowjetsberger“).[4] Er war Obmann und bei den Nationalratswahlen im Jahr 1949 auch Spitzenkandidat der Demokratischen Union, die sich bei der Nationalratswahl 1953 mit der KPÖ und den Linkssozialisten zum Wahlbündnis „Österreichische Volksopposition“ zusammenschloss. Die „Volksopposition“ erreichte vier Mandate, die jedoch alle an KPÖ-Kandidaten gingen.

In der Demokratischen Union kritisierte Dobretsberger die starke West-Orientierung Österreichs und forderte eine Verstärkung des Handels mit den sogenannten Ostblockstaaten und China. Er versuchte das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau zur Teilnahme an der Weltwirtschaftskonferenz in Moskau im April 1952 zu bewegen. Das Ministerium lehnte jedoch ab, und so organisierte Dobretsberger selbständig einen Besuch der Konferenz gemeinsam mit interessierten Wirtschaftsvertretern. Unmittelbar nach der Konferenz im Mai 1952 gründete er den Verein Österreichisches Büro für den Ost-West-Handel, dessen Vorsitzender er auch wurde. Mitglieder waren Vertreter von Firmen, die ein Interesse am Osthandel hatten und es wurden mehrere periodisch erscheinende Publikationen dazu herausgegeben.

Das Büro war bis zu seinem Lebensende Hauptbetätigungsfeld für Dobretsberger. Er starb im Mai 1970[Anm 1] und wurde am 29. Mai 1970 auf dem Neustifter Friedhof begraben.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Gesetzmäßigkeit in der Wirtschaft., Wien 1927
  • Vom Sinn und Werden des Neuen Staates. Wien 1934
  • Das Geld im Wandel der Wirtschaft. Bern 1946
  • Katholische Sozialpolitik am Scheideweg. Graz 1947

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Autengruber: Univ.-Prof. Dr Josef Dobretsberger. Vom Bundesminister für soziale Verwaltung zum Obmann der Demokratischen Union. In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Jahrbuch 1996, Wien 1996, S. 172–203
  • Viktor Matejka: Anregung ist alles – Das Buch Nr. 2, Wien 1991, ISBN 3-85409-075-7.
  • Harry Slapnicka: Oberösterreich. Die politische Führungsschicht 1918 bis 1938. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz 1976, ISBN 3-85214-163-X, S. 66–68
  • Michael Egger: Der schwere Weg ins Land Atatürks. J. D.s Exil in Istanbul. In: "Zwischenwelt. Literatur, Widerstand, Exil". Zs. der Theodor Kramer Gesellschaft, 29. Jg., H. 3, Oktober 2012 ISSN 1606-4321 S. 49–53
  • Peter Rosner: Dobretsberger, Josef. In: Harald Hagemann, Claus-Dieter Krohn (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration nach 1933. Band 1: Adler–Lehmann. Saur, München 1999, ISBN 3-598-11284-X, S. 125–128.
  • Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur, 1980, S. 133
  • Gertrude Enderle-Burcel: Josef Dobretsberger - ein politischer Grenzgänger im Ost-West-Handel. In: Gertrude Enderle-Burcel, Dieter Stiefel, Alice Teichova (Hrsg.): „Zarte Bande“ – Österreich und die europäischen planwirtschaftlichen Länder. Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs. Sonderband 9. Studienverlag, Innsbruck 2006, ISBN 978-3-7065-4336-1, S. 131–151.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Das Todesdatum ist nicht unumstritten: Neben dem 23. Mai 1970 kursiert auch die Angabe 13. Mai 1970.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die neuen Männer. In: Reichspost, 18. Oktober 1935, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/rpt
  2. Walter Höflechner: Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Von den Anfängen bis in das Jahr 2005. Leykam, Graz 2006, ISBN 3-7011-0058-6, S. 184.
  3. Peter Pirker: Militantes Exil. Antideutscher Widerstand in Jugoslawien 1939/40. In: Zwischenwelt. Zeitschrift der Theodor Kramer Gesellschaft, Jg. 27, #4, Februar 2011, S. 43. In der Anm. dazu die Belege.
  4. zitiert nach: Hans Joachim Dahms in: Friedrich Stadler et al. (Hg), Vertriebene Vernunft, Bd. 2. S. 1018.